ärgerliche nachrichten ...
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Suchtmittelgesetz
\"Schweigepflicht fällt, Drogenhändler begünstigt\"
[url=http://oe1.orf.at/inforadio/82267.html0qb]http://oe1.orf.at/inforadio/82267.html[/url0qb]
Vergangenen Freitag ist die Begutachtungsfrist abgelaufen, seitdem liegen zahlreiche kritische Stellungnahmen vor. Datenschützer kritisieren etwa, dass Drogenpatienten künftig eine Therapie nur gegen Verzicht auf die ärztliche Schweigepflicht bekommen sollen. Die Oberstaatsanwaltschaft befürchtet, dass kleine Suchtgiftkonsumenten künftig stärker bestraft werden, während Drogenhändler besser aussteigen sollen.
Straßenhändler begünstigt
Gegen Drogenhandel muss man strikter vorgehen und Drogenabhängige schneller einer Therapie zuführen - soweit sind sich die meisten Stellen einig. Allerdings sieht der vorliegende Gesetzesentwurf vor, dass der klassische Straßenhändler künftig weniger streng bestraft werden soll, kritisieren Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme.
Nicht einsichtig
Hat der Straßenhändler - wie es in den meisten Fällen üblich ist - nur eine geringe Menge Drogen bei sich, war er bisher mit einer Strafe von bis zu drei Jahren bedroht, künftig soll es deutlich weniger sein. Weshalb angesichts der steigenden Anzeigen im Suchtgiftbereich ausgerechnet eine Rücknahme des Strafrechts in dem Bereich vorgenommen wird, der nicht Konsumenten, sondern Suchtgifthändler betrifft, ist nicht einsichtig und abzulehnen, heißt es in der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
Mehr Strafen im Privatbereich
Im Gegensatz dazu sollen jene Personen strenger bestraft werden, die im Freundes- und Bekanntenkreis Suchtgifte in kleinen Mengen weitergeben oder verkaufen, während gewinnbringend handelnde Suchtgiftverkäufer begünstigt werden sollen, so ebenfalls die Oberstaatsanwaltschaft.
Therapie statt Strafe unterwandert
Darüber hinaus wird kritisiert, dass das Prinzip \"Therapie statt Strafe\" quasi unterwandert werden soll: Die ärztliche Behandlung eines Drogenkonsumenten sei vor allem auch im Hinblick auf die Vermeidung künftiger Straftaten dem Vollzug einer Freiheitsstrafe vorzuziehen.
Umso unverständlicher sei das neue Gesetz, wonach eine Kostentragung für die Therapie längstens für die Dauer von zwei Jahren vorgesehen sei. In jedem Fall wäre es dann noch schwieriger, Drogenkranke dauerhaft in eine Therapie zu bekommen, heißt es justizintern.
Kriminalpolitisch nicht verständlich
Fazit: Kriminalpolitisch ist das Konzept des neuen Gesetzesentwurfs nicht verständlich, heißt es in den Stellungnahmen. Denn es würde einerseits dazu führen, dass Straßenhändler wegen des geringeren Strafrisikos weiter oder noch aktiver verkaufen, während Drogenkonsumenten, beziehungsweise Patienten strenger bestraft würden und die Hürde für eine Therapie noch höher wäre.
Datenschutzexperten kritisieren Novelle
Therapie nur gegen Aufhebung des Ärztegeheimnisses, zentrale Registrierung aller Patienten - das sieht die Novelle zum Suchtmittelgesetz vor. Datenschutzexperten kritisieren nun nach Ablauf der Begutachtungsfrist, dass die Novelle eine weitgehende Überwachung der Patienten vorsieht.
\"Schweigepflicht fällt, Drogenhändler begünstigt\"
[url=http://oe1.orf.at/inforadio/82267.html0qb]http://oe1.orf.at/inforadio/82267.html[/url0qb]
Vergangenen Freitag ist die Begutachtungsfrist abgelaufen, seitdem liegen zahlreiche kritische Stellungnahmen vor. Datenschützer kritisieren etwa, dass Drogenpatienten künftig eine Therapie nur gegen Verzicht auf die ärztliche Schweigepflicht bekommen sollen. Die Oberstaatsanwaltschaft befürchtet, dass kleine Suchtgiftkonsumenten künftig stärker bestraft werden, während Drogenhändler besser aussteigen sollen.
Straßenhändler begünstigt
Gegen Drogenhandel muss man strikter vorgehen und Drogenabhängige schneller einer Therapie zuführen - soweit sind sich die meisten Stellen einig. Allerdings sieht der vorliegende Gesetzesentwurf vor, dass der klassische Straßenhändler künftig weniger streng bestraft werden soll, kritisieren Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme.
Nicht einsichtig
Hat der Straßenhändler - wie es in den meisten Fällen üblich ist - nur eine geringe Menge Drogen bei sich, war er bisher mit einer Strafe von bis zu drei Jahren bedroht, künftig soll es deutlich weniger sein. Weshalb angesichts der steigenden Anzeigen im Suchtgiftbereich ausgerechnet eine Rücknahme des Strafrechts in dem Bereich vorgenommen wird, der nicht Konsumenten, sondern Suchtgifthändler betrifft, ist nicht einsichtig und abzulehnen, heißt es in der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
Mehr Strafen im Privatbereich
Im Gegensatz dazu sollen jene Personen strenger bestraft werden, die im Freundes- und Bekanntenkreis Suchtgifte in kleinen Mengen weitergeben oder verkaufen, während gewinnbringend handelnde Suchtgiftverkäufer begünstigt werden sollen, so ebenfalls die Oberstaatsanwaltschaft.
Therapie statt Strafe unterwandert
Darüber hinaus wird kritisiert, dass das Prinzip \"Therapie statt Strafe\" quasi unterwandert werden soll: Die ärztliche Behandlung eines Drogenkonsumenten sei vor allem auch im Hinblick auf die Vermeidung künftiger Straftaten dem Vollzug einer Freiheitsstrafe vorzuziehen.
Umso unverständlicher sei das neue Gesetz, wonach eine Kostentragung für die Therapie längstens für die Dauer von zwei Jahren vorgesehen sei. In jedem Fall wäre es dann noch schwieriger, Drogenkranke dauerhaft in eine Therapie zu bekommen, heißt es justizintern.
Kriminalpolitisch nicht verständlich
Fazit: Kriminalpolitisch ist das Konzept des neuen Gesetzesentwurfs nicht verständlich, heißt es in den Stellungnahmen. Denn es würde einerseits dazu führen, dass Straßenhändler wegen des geringeren Strafrisikos weiter oder noch aktiver verkaufen, während Drogenkonsumenten, beziehungsweise Patienten strenger bestraft würden und die Hürde für eine Therapie noch höher wäre.
Datenschutzexperten kritisieren Novelle
Therapie nur gegen Aufhebung des Ärztegeheimnisses, zentrale Registrierung aller Patienten - das sieht die Novelle zum Suchtmittelgesetz vor. Datenschutzexperten kritisieren nun nach Ablauf der Begutachtungsfrist, dass die Novelle eine weitgehende Überwachung der Patienten vorsieht.
- mauergecko
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- mauergecko
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Asyl: Und raus bist du
Der Fall Arigona offenbart eklatante Schwächen in Österreichs Fremdenrecht. Wer gehen muss und wer bleiben darf, ist so vorhersehbar wie ein Lottogewinn.
Ihre Geschichten sind ähnlich. Nur der Schluss, den die Asylbehörden daraus ziehen, ist grundverschieden. Fall A: Eine Serbin aus dem Kosovo, vergewaltigt. Asyl abgelehnt. Begründung: „Die im Heimatland operierenden Sicherheitsorgane sind in der Lage, Schutz vor Übergriffen zu gewähren.“ Fall B: Eine Serbin aus dem Kosovo, vergewaltigt. Asyl gewährt. Begründung: „Vergewaltigte Frauen werden im Kosovo in einer Weise diskriminiert, die ihnen die Existenzgrundlage entzieht.“ Wenn der Salzburger Anwalt Gerhard Mory in den Bergen seiner Asylakten blättert, kann er manchmal zynisch werden: „Die Entscheidungen wären auch nicht viel weniger willkürlich, wenn man Asylwerber Nummern ziehen lässt und eine Lotterie macht.“
Es hängt von Unwägbarkeiten ab, ob ein Asylwerber nach dem Marsch durch die Rechtsinstanzen bleiben darf: Kommt er in Schubhaft und wird dort falsch beraten, sind die Aussichten düster. Kann er sein Verfahren in Freiheit abwarten und hat noch das Glück, sich einen guten Anwalt leisten zu können, bleiben die Chancen intakt. Eine entscheidende Rolle spielt auch, welcher Beamte den Akt in die Hände bekommt. Und: Familien erhalten leichter Asyl als alleinstehende Männer. Aus dem Menschenrecht Asyl ist ein grausames Mensch ärgere dich nicht geworden (siehe auch Grafik).
Das Spiel findet zumeist ohne Zuschauer statt. Das Gros der Politiker zeigt genauso wenig Interesse wie die Bevölkerung. Nur wenn aus den Fällen Gesichter werden, können sich ganze Dörfer für „ihre“ Ausländer ins Zeug werfen und manchmal, wie im Fall Arigona, eine politische Debatte erzwingen. Es gibt viele Arigonas in Österreich, viele Asylwerber, die seit Jahren auf eine Entscheidung warten. Exakt 34.634 Asylverfahren sind derzeit offen, 11.301 davon schon länger als drei Jahre, über 3000 länger als fünf Jahre, 86 sogar länger als zehn Jahre. Innenminister Günter Platter gibt den Betroffenen die Schuld: „Asylwerber versuchen, das Verfahren zu verzögern.“ ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel ergänzt die Liste der Schuldigen um die Asylanwälte. Dabei habe „keine Anwaltskanzlei so viele Beschwerden geschrieben wie das Innenministerium“, kontert Anwalt Georg Bürstmayer.
Aktenstau. Die Gerichtshöfe sind mit dem Aktenanfall überfordert. Der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) wurde personell aufgestockt. Rund 50 Senatsmitglieder sollen den Rucksack abbauen. „Wir werden heuer 14.000 Verfahren erledigen, 11.000 werden neu dazugekommen sein. Der Rucksack wird also um 3000 Verfahren kleiner“, sagt UBAS-Chef Harald Perl. Nun beginnt es sich beim Verwaltungsgerichtshof zu stauen. Wegen des großen Rückstaus plädiert Bundespräsident Heinz Fischer dafür, allen Menschen, die vor dem Jahr 2000 Asyl beantragt haben und mittlerweile gut integriert sind, das Recht zum Bleiben einzuräumen. Doch die ÖVP ist strikt dagegen.
Experten mahnen außerdem eine Entrümpelung des Fremdenrechts ein. Bis 1991 umfasste die Materie vierzig schlanke Paragrafen, inzwischen sind es mehr als 300. „Das ist eine Wissenschaft geworden, bei der keiner mehr durchblickt“, klagt der Wiener Rechtsanwalt Wilfried Embacher. Die Folge der neuen Unübersichtlichkeit: Der Asylprozess ist zu einem Hindernisparcours geworden. Die einen erwischen es besser, die anderen schlechter: Wen die Fremdenpolizei ins Erstaufnahmezentrum nach Traiskirchen bringen lässt, bekommt nicht nur ein Dach über dem Kopf und Nahrung, sondern auch eine medizinische Versorgung. Landet er – zweitgünstigste Variante – im „gelinderen Mittel“, ist er nicht einmal krankenversichert. Immer öfter ziehen Asylwerber überhaupt die Pechkarte, kommen sofort in Schubhaft und sitzen dort monatelang fest.
• Ein Tschetschene beantragte im Juli 2005 Asyl, Österreich erklärte sich nicht zuständig. Der Mann berief dagegen, eine Psychotherapeutin bescheinigte ihm ein Trauma. Trotzdem kam er für Monate in Schubhaft. Es half dem psychisch angeschlagenen Mann wenig, dass der Verfassungsgerichtshof den Schubhaftbescheid später wegen „Willkür“ aufhob.
Ob in Freiheit oder eingesperrt, irgendwann werden alle zur Ersteinvernahme geladen. Uniformierte, bewaffnete Beamte sollen klären, ob Österreich für das Verfahren zuständig ist. Jene, die nachweislich aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind, müssen retour, sobald das betreffende Land das Okay gegeben hat. In einigen Fällen fragen die Behörden ein Land nach dem anderen durch. „Kettenanfragen“ brauchen Zeit; mitunter sitzen Asylwerber volle zehn Monate im Gefängnis, obwohl sie nichts verbrochen haben.
• Im Dezember 2000 reisten der Iraner Rasul Sharifi und seine Tochter aus Italien ein und beantragten Asyl. 2001 erklärte der UBAS Italien für das Asylverfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof verwies das Verfahren zurück, der UBAS entschied im Dezember 2006 erneut, dass die Sharifis in Italien Asyl beantragen müssen. Im März 2007 hob der Verfassungsgerichtshof diesen Bescheid erneut auf, weil die Behörde „willkürlich“ gehandelt habe. Nach sieben Jahren begann das eigentliche Asylverfahren.
Falsche Bescheide. Österreich ist von sicheren Drittstaaten umgeben. Zum Bundesasylamt schaffen es nur jene, denen die Polizei nicht nachweisen kann, aus welchem Land sie einreisten. In der ersten Instanz wird aus Gründen der Abschreckung kurzer Prozess gemacht. „Da bekommt so gut wie niemand Asyl“, klagt Rechtsanwältin Nadja Lorenz. Gegen einen negativen Bescheid muss binnen zwei Wochen berufen werden. Das Folterkomitee des Europarats kritisierte wiederholt, der Zugang zu kostenloser und unabhängiger Rechtsberatung sei nicht gesichert. Immerhin rund 40 Prozent der Bescheide der ersten Instanz sind falsch und werden in der zweiten Instanz aufgehoben.
• Einem kurdischen Türken beschied die erste Instanz, dass seine Verhaftung wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten in Syrien „innerstaatliche Rechtspflege“ sei. Also gebe es kein Asyl. Erst der UBAS qualifizierte den gleichen Sachverhalt als „Verfolgung wegen politischer Gesinnung“.
Doch selbst vor dem UBAS befinden sich die Asylwerber noch in einer Lotterie: Jeder Fall wird gesondert und von einem einzelnen Richter entschieden. Immer wieder passiert es, dass idente Asylgeschichten unterschiedlich ausgehen.
• Ein Tschetschene erklärt eher vage, er fühle sich in seinem Land nicht sicher – und bekommt Asyl. Zwei andere Tschetschenen weist die Asylbehörde ab. Dabei hatte einer der Männer im Krieg gekämpft, der andere war Angestellter des Theaters in Grosny, das 2003 zerstört wurde. Begründung für die Abweisung: „Dem Asylwerber droht in Tschetschenien kein Unbill, von dem nicht die gesamte Bevölkerung betroffen ist.“
Gegen einen negativen UBAS-Bescheid hilft nur mehr der außerordentliche Rechtsweg. Eine enorme Hürde: Denn zum Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof schaffen Asylwerber es nur mehr mit einem besonders versierten Anwalt. Immerhin jeder fünfte UBAS-Bescheid wird von Höchstrichtern aufgehoben. Nicht immer erfahren die Betroffenen von ihrem Glück, einige von ihnen sind zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Land. Der auf dem Flug nach Sofia erstickte Marcus Omofuma war so ein Fall. Der Nigerianer war abgeschoben worden, bevor die letzte Instanz seine Causa entschieden hatte. Vor jeder Abschiebung müssen die menschenrechtlichen Mindestanforderungen geprüft werden. Abgewiesene Asylwerber, die im Heimatland an Leib und Leben bedroht werden, erhalten zumindest „subsidiären Schutz“.
• Ljubisa Pleskonjic, Serbe aus dem Kosovo, flüchtete vor dem Krieg nach Montenegro. 2003 kehrte er nach Prizren zurück, 2004 wurde sein Haus bei Ausschreitungen niedergebrannt und eines seiner vier Kinder attackiert. Über Belgrad, Moskau und Moldawien floh er nach Österreich und stellte 2006 einen Asylantrag. Der wurde abgelehnt, weil es zurzeit keine ethische Verfolung im Kosovo gebe. Er bekam aber subsidiären Schutz, weil „nicht auszuschließen“ sei, dass die Familie im Kosovo „in eine aussichtlose Situation gedrängt werden könnte“.
Wem der Staat weder Asyl noch subsidiären Schutz zuerkennt, bleibt als Rettungsanker nur mehr ein humanitärer Aufenthaltstitel. Dabei ist das Interesse der Republik an der Durchsetzung der Fremdengesetze gegen das Menschenrecht auf Privat- und Familienleben abzuwägen. Humanitären Aufenthalt erhalten vor allem Gewaltopfer und Kinder, deren Eltern vergaßen, die Papiere in Ordnung zu bringen. Die Länder schlagen nur vor; gewährt wird der Titel vom Innenminister. Es ist ein Gnadenakt, kein Recht. Und Asylwerber bekamen den Status in den vergangenen Jahren so gut wie nie. Beatrix Hornschall von der in Wien zuständigen MA 35: „Das ist wie im alten Rom – Daumen rauf oder Daumen runter.“
Neuer Gerichtshof. In Vorarlberg überprüft Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP), ob das humanitäre Aufenthaltsrecht eine Lösung für all die Fälle ist, die seit Jahren liegen: „Wir haben viele Landtagsbeschlüsse, dass die Verfahren zu lange dauern. Bisher nahm das niemand ernst. Durch Arigona ist die Diskussion in Gang gekommen.“
SPÖ und ÖVP weichen ihr aber gerne aus. Ihr Lösungsvorschlag für alle Probleme: Ein Asylgerichtshof muss her. Was ein neuer Name ändern soll, ist Barbara Helige, der Präsidentin der Richtervereinigung, schleierhaft: „Es nützt nichts, wenn das Schild Bundesasylgericht draufhängt.“ Helfen würde nur mehr und qualifiziertes Personal, auch in der ersten Instanz.
Nur Einzelne in der SPÖ, etwa Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Justizministerin Maria Berger, wollen eine Reform, die über einen neuen Namen hinausgeht. Sie drängen darauf, das gesamte Fremdenrecht rasch zu evaluieren. Doch das soll erst Mitte 2008 passieren, sagen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und die ÖVP.
Die ÖVP glaubt sich in ihrem harten Kurs durch jüngste Umfragen bestätigt. Sie trifft damit die widersprüchliche Stimmung in der Bevölkerung. Das Gros der Österreicher votiert regelmäßig für ein scharfes Fremdenrecht. Aber das kosovarische Mädchen Arigona soll davon verschont werden.
Vergangene Woche zog Innenminister Günther Platter daraus seine Lehre: Damit nicht wieder ein Einzelschicksal eine unkontrollierbare Debatte auslöst, müssen geplante Abschiebungen „mit Familienbezug“ künftig von den Sicherheitsdirektionen genehmigt – und ans Ministerium gemeldet werden. Die Fremdenpolizei entscheidet damit nicht mehr allein über Abschiebungen. Seine grundsätzliche Linie hat Platter freilich nicht verlassen.
In einem vom Ressort unter Verschluss gehaltenen Handbuch zum NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) werden Richtlinien für den Vollzug festgeschrieben. Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk, nach dem ersten Durchlesen des profil vorliegenden Dossiers: „Schon das Gesetz ist sehr streng und in einigen Punkten kritikwürdig. Die Anweisungen im Handbuch gehen noch darüber hinaus. Da ist sehr zu bezweifeln, dass derartige Verschärfungen gesetzeskonform sind.“ SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal, der das ominöse Dossier zugespielt bekam, will es demnächst ins Internet stellen.
Inzwischen gehen Platters Beamte sogar hart gegen Helfer vor, wegen „Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt“. Sechs Verurteilungen gab es im Vorjahr nach diesem Paragraf 115 des Fremdenrechts, im ersten Halbjahr 2007 wurden 69 Menschen deswegen angezeigt. Darunter ein Kurde, der seinen aus der Türkei geflüchteten Bruder, der völlig überraschend an die Tür klopfte, hereinließ. Und diesen erst am nächsten Tag zum Stellen des Asylantrags begleitete.
Von Eva Linsinger und Edith Meinhart
Profil, 42/07
Der Fall Arigona offenbart eklatante Schwächen in Österreichs Fremdenrecht. Wer gehen muss und wer bleiben darf, ist so vorhersehbar wie ein Lottogewinn.
Ihre Geschichten sind ähnlich. Nur der Schluss, den die Asylbehörden daraus ziehen, ist grundverschieden. Fall A: Eine Serbin aus dem Kosovo, vergewaltigt. Asyl abgelehnt. Begründung: „Die im Heimatland operierenden Sicherheitsorgane sind in der Lage, Schutz vor Übergriffen zu gewähren.“ Fall B: Eine Serbin aus dem Kosovo, vergewaltigt. Asyl gewährt. Begründung: „Vergewaltigte Frauen werden im Kosovo in einer Weise diskriminiert, die ihnen die Existenzgrundlage entzieht.“ Wenn der Salzburger Anwalt Gerhard Mory in den Bergen seiner Asylakten blättert, kann er manchmal zynisch werden: „Die Entscheidungen wären auch nicht viel weniger willkürlich, wenn man Asylwerber Nummern ziehen lässt und eine Lotterie macht.“
Es hängt von Unwägbarkeiten ab, ob ein Asylwerber nach dem Marsch durch die Rechtsinstanzen bleiben darf: Kommt er in Schubhaft und wird dort falsch beraten, sind die Aussichten düster. Kann er sein Verfahren in Freiheit abwarten und hat noch das Glück, sich einen guten Anwalt leisten zu können, bleiben die Chancen intakt. Eine entscheidende Rolle spielt auch, welcher Beamte den Akt in die Hände bekommt. Und: Familien erhalten leichter Asyl als alleinstehende Männer. Aus dem Menschenrecht Asyl ist ein grausames Mensch ärgere dich nicht geworden (siehe auch Grafik).
Das Spiel findet zumeist ohne Zuschauer statt. Das Gros der Politiker zeigt genauso wenig Interesse wie die Bevölkerung. Nur wenn aus den Fällen Gesichter werden, können sich ganze Dörfer für „ihre“ Ausländer ins Zeug werfen und manchmal, wie im Fall Arigona, eine politische Debatte erzwingen. Es gibt viele Arigonas in Österreich, viele Asylwerber, die seit Jahren auf eine Entscheidung warten. Exakt 34.634 Asylverfahren sind derzeit offen, 11.301 davon schon länger als drei Jahre, über 3000 länger als fünf Jahre, 86 sogar länger als zehn Jahre. Innenminister Günter Platter gibt den Betroffenen die Schuld: „Asylwerber versuchen, das Verfahren zu verzögern.“ ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel ergänzt die Liste der Schuldigen um die Asylanwälte. Dabei habe „keine Anwaltskanzlei so viele Beschwerden geschrieben wie das Innenministerium“, kontert Anwalt Georg Bürstmayer.
Aktenstau. Die Gerichtshöfe sind mit dem Aktenanfall überfordert. Der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) wurde personell aufgestockt. Rund 50 Senatsmitglieder sollen den Rucksack abbauen. „Wir werden heuer 14.000 Verfahren erledigen, 11.000 werden neu dazugekommen sein. Der Rucksack wird also um 3000 Verfahren kleiner“, sagt UBAS-Chef Harald Perl. Nun beginnt es sich beim Verwaltungsgerichtshof zu stauen. Wegen des großen Rückstaus plädiert Bundespräsident Heinz Fischer dafür, allen Menschen, die vor dem Jahr 2000 Asyl beantragt haben und mittlerweile gut integriert sind, das Recht zum Bleiben einzuräumen. Doch die ÖVP ist strikt dagegen.
Experten mahnen außerdem eine Entrümpelung des Fremdenrechts ein. Bis 1991 umfasste die Materie vierzig schlanke Paragrafen, inzwischen sind es mehr als 300. „Das ist eine Wissenschaft geworden, bei der keiner mehr durchblickt“, klagt der Wiener Rechtsanwalt Wilfried Embacher. Die Folge der neuen Unübersichtlichkeit: Der Asylprozess ist zu einem Hindernisparcours geworden. Die einen erwischen es besser, die anderen schlechter: Wen die Fremdenpolizei ins Erstaufnahmezentrum nach Traiskirchen bringen lässt, bekommt nicht nur ein Dach über dem Kopf und Nahrung, sondern auch eine medizinische Versorgung. Landet er – zweitgünstigste Variante – im „gelinderen Mittel“, ist er nicht einmal krankenversichert. Immer öfter ziehen Asylwerber überhaupt die Pechkarte, kommen sofort in Schubhaft und sitzen dort monatelang fest.
• Ein Tschetschene beantragte im Juli 2005 Asyl, Österreich erklärte sich nicht zuständig. Der Mann berief dagegen, eine Psychotherapeutin bescheinigte ihm ein Trauma. Trotzdem kam er für Monate in Schubhaft. Es half dem psychisch angeschlagenen Mann wenig, dass der Verfassungsgerichtshof den Schubhaftbescheid später wegen „Willkür“ aufhob.
Ob in Freiheit oder eingesperrt, irgendwann werden alle zur Ersteinvernahme geladen. Uniformierte, bewaffnete Beamte sollen klären, ob Österreich für das Verfahren zuständig ist. Jene, die nachweislich aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind, müssen retour, sobald das betreffende Land das Okay gegeben hat. In einigen Fällen fragen die Behörden ein Land nach dem anderen durch. „Kettenanfragen“ brauchen Zeit; mitunter sitzen Asylwerber volle zehn Monate im Gefängnis, obwohl sie nichts verbrochen haben.
• Im Dezember 2000 reisten der Iraner Rasul Sharifi und seine Tochter aus Italien ein und beantragten Asyl. 2001 erklärte der UBAS Italien für das Asylverfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof verwies das Verfahren zurück, der UBAS entschied im Dezember 2006 erneut, dass die Sharifis in Italien Asyl beantragen müssen. Im März 2007 hob der Verfassungsgerichtshof diesen Bescheid erneut auf, weil die Behörde „willkürlich“ gehandelt habe. Nach sieben Jahren begann das eigentliche Asylverfahren.
Falsche Bescheide. Österreich ist von sicheren Drittstaaten umgeben. Zum Bundesasylamt schaffen es nur jene, denen die Polizei nicht nachweisen kann, aus welchem Land sie einreisten. In der ersten Instanz wird aus Gründen der Abschreckung kurzer Prozess gemacht. „Da bekommt so gut wie niemand Asyl“, klagt Rechtsanwältin Nadja Lorenz. Gegen einen negativen Bescheid muss binnen zwei Wochen berufen werden. Das Folterkomitee des Europarats kritisierte wiederholt, der Zugang zu kostenloser und unabhängiger Rechtsberatung sei nicht gesichert. Immerhin rund 40 Prozent der Bescheide der ersten Instanz sind falsch und werden in der zweiten Instanz aufgehoben.
• Einem kurdischen Türken beschied die erste Instanz, dass seine Verhaftung wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten in Syrien „innerstaatliche Rechtspflege“ sei. Also gebe es kein Asyl. Erst der UBAS qualifizierte den gleichen Sachverhalt als „Verfolgung wegen politischer Gesinnung“.
Doch selbst vor dem UBAS befinden sich die Asylwerber noch in einer Lotterie: Jeder Fall wird gesondert und von einem einzelnen Richter entschieden. Immer wieder passiert es, dass idente Asylgeschichten unterschiedlich ausgehen.
• Ein Tschetschene erklärt eher vage, er fühle sich in seinem Land nicht sicher – und bekommt Asyl. Zwei andere Tschetschenen weist die Asylbehörde ab. Dabei hatte einer der Männer im Krieg gekämpft, der andere war Angestellter des Theaters in Grosny, das 2003 zerstört wurde. Begründung für die Abweisung: „Dem Asylwerber droht in Tschetschenien kein Unbill, von dem nicht die gesamte Bevölkerung betroffen ist.“
Gegen einen negativen UBAS-Bescheid hilft nur mehr der außerordentliche Rechtsweg. Eine enorme Hürde: Denn zum Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof schaffen Asylwerber es nur mehr mit einem besonders versierten Anwalt. Immerhin jeder fünfte UBAS-Bescheid wird von Höchstrichtern aufgehoben. Nicht immer erfahren die Betroffenen von ihrem Glück, einige von ihnen sind zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Land. Der auf dem Flug nach Sofia erstickte Marcus Omofuma war so ein Fall. Der Nigerianer war abgeschoben worden, bevor die letzte Instanz seine Causa entschieden hatte. Vor jeder Abschiebung müssen die menschenrechtlichen Mindestanforderungen geprüft werden. Abgewiesene Asylwerber, die im Heimatland an Leib und Leben bedroht werden, erhalten zumindest „subsidiären Schutz“.
• Ljubisa Pleskonjic, Serbe aus dem Kosovo, flüchtete vor dem Krieg nach Montenegro. 2003 kehrte er nach Prizren zurück, 2004 wurde sein Haus bei Ausschreitungen niedergebrannt und eines seiner vier Kinder attackiert. Über Belgrad, Moskau und Moldawien floh er nach Österreich und stellte 2006 einen Asylantrag. Der wurde abgelehnt, weil es zurzeit keine ethische Verfolung im Kosovo gebe. Er bekam aber subsidiären Schutz, weil „nicht auszuschließen“ sei, dass die Familie im Kosovo „in eine aussichtlose Situation gedrängt werden könnte“.
Wem der Staat weder Asyl noch subsidiären Schutz zuerkennt, bleibt als Rettungsanker nur mehr ein humanitärer Aufenthaltstitel. Dabei ist das Interesse der Republik an der Durchsetzung der Fremdengesetze gegen das Menschenrecht auf Privat- und Familienleben abzuwägen. Humanitären Aufenthalt erhalten vor allem Gewaltopfer und Kinder, deren Eltern vergaßen, die Papiere in Ordnung zu bringen. Die Länder schlagen nur vor; gewährt wird der Titel vom Innenminister. Es ist ein Gnadenakt, kein Recht. Und Asylwerber bekamen den Status in den vergangenen Jahren so gut wie nie. Beatrix Hornschall von der in Wien zuständigen MA 35: „Das ist wie im alten Rom – Daumen rauf oder Daumen runter.“
Neuer Gerichtshof. In Vorarlberg überprüft Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP), ob das humanitäre Aufenthaltsrecht eine Lösung für all die Fälle ist, die seit Jahren liegen: „Wir haben viele Landtagsbeschlüsse, dass die Verfahren zu lange dauern. Bisher nahm das niemand ernst. Durch Arigona ist die Diskussion in Gang gekommen.“
SPÖ und ÖVP weichen ihr aber gerne aus. Ihr Lösungsvorschlag für alle Probleme: Ein Asylgerichtshof muss her. Was ein neuer Name ändern soll, ist Barbara Helige, der Präsidentin der Richtervereinigung, schleierhaft: „Es nützt nichts, wenn das Schild Bundesasylgericht draufhängt.“ Helfen würde nur mehr und qualifiziertes Personal, auch in der ersten Instanz.
Nur Einzelne in der SPÖ, etwa Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Justizministerin Maria Berger, wollen eine Reform, die über einen neuen Namen hinausgeht. Sie drängen darauf, das gesamte Fremdenrecht rasch zu evaluieren. Doch das soll erst Mitte 2008 passieren, sagen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und die ÖVP.
Die ÖVP glaubt sich in ihrem harten Kurs durch jüngste Umfragen bestätigt. Sie trifft damit die widersprüchliche Stimmung in der Bevölkerung. Das Gros der Österreicher votiert regelmäßig für ein scharfes Fremdenrecht. Aber das kosovarische Mädchen Arigona soll davon verschont werden.
Vergangene Woche zog Innenminister Günther Platter daraus seine Lehre: Damit nicht wieder ein Einzelschicksal eine unkontrollierbare Debatte auslöst, müssen geplante Abschiebungen „mit Familienbezug“ künftig von den Sicherheitsdirektionen genehmigt – und ans Ministerium gemeldet werden. Die Fremdenpolizei entscheidet damit nicht mehr allein über Abschiebungen. Seine grundsätzliche Linie hat Platter freilich nicht verlassen.
In einem vom Ressort unter Verschluss gehaltenen Handbuch zum NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) werden Richtlinien für den Vollzug festgeschrieben. Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk, nach dem ersten Durchlesen des profil vorliegenden Dossiers: „Schon das Gesetz ist sehr streng und in einigen Punkten kritikwürdig. Die Anweisungen im Handbuch gehen noch darüber hinaus. Da ist sehr zu bezweifeln, dass derartige Verschärfungen gesetzeskonform sind.“ SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal, der das ominöse Dossier zugespielt bekam, will es demnächst ins Internet stellen.
Inzwischen gehen Platters Beamte sogar hart gegen Helfer vor, wegen „Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt“. Sechs Verurteilungen gab es im Vorjahr nach diesem Paragraf 115 des Fremdenrechts, im ersten Halbjahr 2007 wurden 69 Menschen deswegen angezeigt. Darunter ein Kurde, der seinen aus der Türkei geflüchteten Bruder, der völlig überraschend an die Tür klopfte, hereinließ. Und diesen erst am nächsten Tag zum Stellen des Asylantrags begleitete.
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Tja, jetzt erwischts auch mal die Amis, find das witzig das man in Europa Grenzen abbaut und dort dieselben hochzieht (wobei ich natürlich weiß das Europa sehr wohl auch seine Grenzen penetrant überwacht, aber wenigstens in der EU sind wir jetzt (vorerst) mal davon befreit):
Tighter Border Delays Re-entry by U.S. Citizens
By JULIA PRESTON
Published: October 21, 2007
EL PASO — United States border agents have stepped up scrutiny of Americans returning home from Mexico, slowing commerce and creating delays at border crossings not seen since the months after the Sept. 11 attacks.
The increased enforcement is in part a dress rehearsal for new rules, scheduled to take effect in January, that will require Americans to show a passport or other proof of citizenship to enter the United States. The requirements were approved by Congress as part of antiterrorism legislation in 2004.
Border officials said agents along the southern border were asking more returning United States citizens to show a photo identity document. At the same time, agents are increasing the frequency of what they call queries, where they check a traveler’s information against law enforcement, immigration and antiterror databases.
The new policy is a big shift after decades when Americans arrived at land crossings, declared they were citizens and were waved through. Since the authorities began ramping up enforcement in August, wait times at border stations in Texas have often stretched to two hours or more, discouraging visitors and shoppers and upsetting business.
The delays could remain a fact of life across the southern border for the next few years, border officials said, at least until new security technology and expanded entry stations are installed and until Americans get used to being checked and questioned like foreigners. Last year 234 million travelers entered the United States through land border crossings from Mexico.
W. Ralph Basham, the commissioner of Customs and Border Protection, the agency that manages the borders, said longer waits had resulted from added security measures at border stations that in many cases were aging, outmoded and facing surging traffic. Saying the new document checks were a “security imperative,” Mr. Basham called on border cities, which own many of the crossing bridges, to invest in expanding the entry points.
In the meantime, Mr. Basham said, “A safer border is well worth the wait.”
Wait times of up to three hours have also been reported over the past few months at crossings from eastern Canada. Senator Bernard Sanders, independent of Vermont, who held a series of town meetings with border officials about the lines, said low staffing at border stations was the primary cause there.
The longer lines along the Mexico border have been especially unsettling here in El Paso, a humming border city long comfortable in its marriage to Ciudad Juárez, the bigger and rowdier Mexican metropolis on the other bank of the Rio Grande. Lines of cars and pedestrians at sunrise on the four border bridges here are a routine for tens of thousands of people, including many United States citizens, coming from Mexico on their way to school, work and shopping.
“International bridge wait times continue to escalate, causing frustration and concern in my district and across the nation,” wrote El Paso’s congressman, Representative Silvestre Reyes, a Democrat, in a letter this month to the House Committee on Homeland Security in which he called for a hearing on the matter.
One crosser who said she had struggled with the lines was Wilda Laboy, a 37-year-old American citizen who works in Juárez but is studying for her high school equivalency in El Paso.
“I arrive late, and they don’t let me in,” said Ms. Laboy as she waited to be checked through the Paso del Norte bridge crossing here. “I miss classes.”
Many families that straddle the border are feeling the strain. Border trade groups say the long lines caught them by surprise and are disrupting economic ties vital to both sides of the border.
“We are Americans who live at the border, with our economy and livelihood that depend on moving efficiently back and forth,” said Maria Luisa O’Connell, president of the Border Trade Alliance, which represents businesses all along the border with Mexico. “Now suddenly we have measures that make it less efficient but don’t make us any safer.”
Richard Cortez, the mayor of McAllen, another Texas border town that saw long lines this summer, said the waits had slowed some of the 45,000 trailer trucks that passed the border there each month.
“There’s a misconception that border communities care only about ourselves and our own local businesses,” Mr. Cortez said. “Our border crossings affect trade across the United States.”
Of $332 billion in trade last year between the United States and Mexico, this country’s third-largest trading partner, more than 80 percent of it moved across the border by truck.
Starting Jan. 31, American citizens returning home by land will have to present either a passport, or a citizenship document like a birth certificate together with a government-issued identity card with a photograph. The requirement is the next phase of the Western Hemisphere Travel Initiative, which Congress adopted in a 2004 bill that enacted recommendations of the Sept. 11 commission. It is intended to improve antiterror intelligence by gathering a record of everyone entering the United States.
So far the new inspections are not systematic enough to yield measurable results.
The passport requirement has been in effect since January for most citizens returning to the United States by air, and it had a rocky debut because many Americans without passports rushed to apply for one. Passport processing backlogs overwhelmed the State Department, which was forced to relax the requirement during the months of June, July, August and September. That experience has created anxiety among many people who cross at land stations as they anticipate the next phase.
Also in August, border officials said, the Department of Homeland Security issued a directive designed to unify inspection procedures for all the border agencies under its umbrella. It set an eventual goal, with no fixed deadline, for agents to conduct a database query for every person crossing the border.
As a result, queries by agents of both American and foreign border crossers increased. At many older border stations, including El Paso, agents have to enter some queries manually, taking minutes that mount up to hours when thousands of cars and people are waiting in line.
Luis Garcia, the El Paso field director for Customs and Border Protection, said the new policy demanded a change of culture.
“These two communities are very interlinked, not only by trade and commerce, but by family, religion, education,” Mr. Garcia said, standing at the base of the Paso del Norte border bridge as pedestrians streamed by, heading for downtown El Paso. “When a person leaves El Paso to go to Juárez, it’s like going across the street. They don’t consider it leaving the country,” he said.
On an average day, some 21,000 pedestrians cross from Juárez on the Paso del Norte bridge, one of El Paso’s four entryways.
As the lines into El Paso swelled in mid-August, Mr. Garcia said, he issued a memorandum directing his agents to gauge vehicle lines in deciding how many travelers to query. If lines were over an hour, agents should run a query only for the driver, unless something aroused their suspicions.
But Mr. Garcia said he did not have great flexibility to speed the lines. “One thing I can tell you up front, as director in El Paso, I will not compromise security for facilitation,” he said.
Border groups say they support tougher security measures but want the border authorities to back them up with increased staff levels and technology to avoid slowing commerce.
Money for the Border Patrol, which scouts the border between entry points, increased by 70 percent since 2005, to $3 billion. By contrast, financing for border station agents, who processed nearly 300 million travelers entering the country legally by land last year, rose by 30 percent since 2005, to $2.1 billion.
http://www.nytimes.com/2007/10/21/us/21 ... &th&emc=th
Tighter Border Delays Re-entry by U.S. Citizens
By JULIA PRESTON
Published: October 21, 2007
EL PASO — United States border agents have stepped up scrutiny of Americans returning home from Mexico, slowing commerce and creating delays at border crossings not seen since the months after the Sept. 11 attacks.
The increased enforcement is in part a dress rehearsal for new rules, scheduled to take effect in January, that will require Americans to show a passport or other proof of citizenship to enter the United States. The requirements were approved by Congress as part of antiterrorism legislation in 2004.
Border officials said agents along the southern border were asking more returning United States citizens to show a photo identity document. At the same time, agents are increasing the frequency of what they call queries, where they check a traveler’s information against law enforcement, immigration and antiterror databases.
The new policy is a big shift after decades when Americans arrived at land crossings, declared they were citizens and were waved through. Since the authorities began ramping up enforcement in August, wait times at border stations in Texas have often stretched to two hours or more, discouraging visitors and shoppers and upsetting business.
The delays could remain a fact of life across the southern border for the next few years, border officials said, at least until new security technology and expanded entry stations are installed and until Americans get used to being checked and questioned like foreigners. Last year 234 million travelers entered the United States through land border crossings from Mexico.
W. Ralph Basham, the commissioner of Customs and Border Protection, the agency that manages the borders, said longer waits had resulted from added security measures at border stations that in many cases were aging, outmoded and facing surging traffic. Saying the new document checks were a “security imperative,” Mr. Basham called on border cities, which own many of the crossing bridges, to invest in expanding the entry points.
In the meantime, Mr. Basham said, “A safer border is well worth the wait.”
Wait times of up to three hours have also been reported over the past few months at crossings from eastern Canada. Senator Bernard Sanders, independent of Vermont, who held a series of town meetings with border officials about the lines, said low staffing at border stations was the primary cause there.
The longer lines along the Mexico border have been especially unsettling here in El Paso, a humming border city long comfortable in its marriage to Ciudad Juárez, the bigger and rowdier Mexican metropolis on the other bank of the Rio Grande. Lines of cars and pedestrians at sunrise on the four border bridges here are a routine for tens of thousands of people, including many United States citizens, coming from Mexico on their way to school, work and shopping.
“International bridge wait times continue to escalate, causing frustration and concern in my district and across the nation,” wrote El Paso’s congressman, Representative Silvestre Reyes, a Democrat, in a letter this month to the House Committee on Homeland Security in which he called for a hearing on the matter.
One crosser who said she had struggled with the lines was Wilda Laboy, a 37-year-old American citizen who works in Juárez but is studying for her high school equivalency in El Paso.
“I arrive late, and they don’t let me in,” said Ms. Laboy as she waited to be checked through the Paso del Norte bridge crossing here. “I miss classes.”
Many families that straddle the border are feeling the strain. Border trade groups say the long lines caught them by surprise and are disrupting economic ties vital to both sides of the border.
“We are Americans who live at the border, with our economy and livelihood that depend on moving efficiently back and forth,” said Maria Luisa O’Connell, president of the Border Trade Alliance, which represents businesses all along the border with Mexico. “Now suddenly we have measures that make it less efficient but don’t make us any safer.”
Richard Cortez, the mayor of McAllen, another Texas border town that saw long lines this summer, said the waits had slowed some of the 45,000 trailer trucks that passed the border there each month.
“There’s a misconception that border communities care only about ourselves and our own local businesses,” Mr. Cortez said. “Our border crossings affect trade across the United States.”
Of $332 billion in trade last year between the United States and Mexico, this country’s third-largest trading partner, more than 80 percent of it moved across the border by truck.
Starting Jan. 31, American citizens returning home by land will have to present either a passport, or a citizenship document like a birth certificate together with a government-issued identity card with a photograph. The requirement is the next phase of the Western Hemisphere Travel Initiative, which Congress adopted in a 2004 bill that enacted recommendations of the Sept. 11 commission. It is intended to improve antiterror intelligence by gathering a record of everyone entering the United States.
So far the new inspections are not systematic enough to yield measurable results.
The passport requirement has been in effect since January for most citizens returning to the United States by air, and it had a rocky debut because many Americans without passports rushed to apply for one. Passport processing backlogs overwhelmed the State Department, which was forced to relax the requirement during the months of June, July, August and September. That experience has created anxiety among many people who cross at land stations as they anticipate the next phase.
Also in August, border officials said, the Department of Homeland Security issued a directive designed to unify inspection procedures for all the border agencies under its umbrella. It set an eventual goal, with no fixed deadline, for agents to conduct a database query for every person crossing the border.
As a result, queries by agents of both American and foreign border crossers increased. At many older border stations, including El Paso, agents have to enter some queries manually, taking minutes that mount up to hours when thousands of cars and people are waiting in line.
Luis Garcia, the El Paso field director for Customs and Border Protection, said the new policy demanded a change of culture.
“These two communities are very interlinked, not only by trade and commerce, but by family, religion, education,” Mr. Garcia said, standing at the base of the Paso del Norte border bridge as pedestrians streamed by, heading for downtown El Paso. “When a person leaves El Paso to go to Juárez, it’s like going across the street. They don’t consider it leaving the country,” he said.
On an average day, some 21,000 pedestrians cross from Juárez on the Paso del Norte bridge, one of El Paso’s four entryways.
As the lines into El Paso swelled in mid-August, Mr. Garcia said, he issued a memorandum directing his agents to gauge vehicle lines in deciding how many travelers to query. If lines were over an hour, agents should run a query only for the driver, unless something aroused their suspicions.
But Mr. Garcia said he did not have great flexibility to speed the lines. “One thing I can tell you up front, as director in El Paso, I will not compromise security for facilitation,” he said.
Border groups say they support tougher security measures but want the border authorities to back them up with increased staff levels and technology to avoid slowing commerce.
Money for the Border Patrol, which scouts the border between entry points, increased by 70 percent since 2005, to $3 billion. By contrast, financing for border station agents, who processed nearly 300 million travelers entering the country legally by land last year, rose by 30 percent since 2005, to $2.1 billion.
http://www.nytimes.com/2007/10/21/us/21 ... &th&emc=th
- Strrr
- Beiträge: 764
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[quotef76]
[if76]Original von metal warrior:[/if76]
[quotef76]
[if76]Original von Strrr:[/if76]
Abgesehen von der Objektivität des Falter,
wenn ihr hinter solchen \"Kollegen\" steht wirft das meiner Meinung nach ein ziemlich schlechtes Bild auf die Polizei insgesamt.
[/quotef76]
wen meinst mit \"IHR\"?
[/quotef76]
Keine Sorge war nicht auf dich persönlich gemünzt.
[if76]Original von metal warrior:[/if76]
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[if76]Original von Strrr:[/if76]
Abgesehen von der Objektivität des Falter,
wenn ihr hinter solchen \"Kollegen\" steht wirft das meiner Meinung nach ein ziemlich schlechtes Bild auf die Polizei insgesamt.
[/quotef76]
wen meinst mit \"IHR\"?
[/quotef76]
Keine Sorge war nicht auf dich persönlich gemünzt.
- mauergecko
- Beiträge: 7348
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Ich weiß zwar dass das ein Kommentar ist aber werds hier trotzdem posten:
Ab in die Slums
Vom feinfühligen Umgang mit geflüchteten jungen Frauen und einfachen Bauern.
1.
Eine 15-Jährige soll in Nigeria zwangsverheiratet werden. Sie weigert sich und wird mit dem Umbringen bedroht. Sie flüchtet nach Österreich. Hier sucht sie um Asyl an. Das war vor fünf Jahren.
Mittlerweile hat sie einen neun Monate alten Sohn aus einer gewollten Beziehung. Für diesen hat sie ebenfalls Asyl beantragt. Stattdessen erhält sie einen Abschiebungsbescheid für das Kind. Auch ihr eigener Asylantrag wurde (bereits von der zweiten Instanz) abgelehnt.
Die Begründung gibt tiefe Einblicke in eine österreichische (Beamten-)Seele.
Da wird zunächst einmal festgehalten, dass Kindesmutter und Baby nicht mit dem – verheirateten – Kindesvater zusammenleben. Daraus wird der Schluss gezogen, dass es deswegen kein Auseinanderreißen einer Familie bedeute, wenn das Kind abgeschoben werde. Im Klartext: Uneheliche Kinder haben kein Anrecht auf Kontakt mit ihrem Vater. (Widerspricht zwar der österreichischen Rechtsauffassung, wonach uneheliche den ehelichen Kindern prinzipiell gleichgestellt sind, aber das gilt scheint’s nur für österreichische Kinder.)
Danach wird gemütlich ausgeführt, dass die Kindesmutter in Nigeria eh ein gutes Leben haben könnte.
Weil: In Lagos, der 12-Millionen-Stadt, sei ein „Untertauchen problemlos möglich, wodurch eine Flüchtende in der Anonymität unkontrollierter Wohn- bzw. Slumviertel Schutz vor etwaigen Verfolgern erlangen kann“.
Weiters gebe es auch Verdienstmöglichkeiten. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass sich angesichts der herrschenden Massenarmut niemand aus eigener Kraft daraus befreien könne, dennoch böten sich jungen Frauen attraktive Erwerbschancen, zum Beispiel als selbstständige Handyverleiherin, Kellnerin oder Verkäuferin. Wörtlich: „In vielen dieser Geschäftsbereiche werden deshalb bevorzugt junge Frauen angestellt bzw. sind junge Frauen besonders erfolgreich, weil sie männliche Kundschaft anziehen.“
Und: „Mobilität eröffnet neue Berufschancen.“
Das Kind? Kein Problem. Meistens würden Kinder im Familienverband betreut. Denjenigen, die sich aus ihrem Familienverband gelöst hätten, stünden Day-Care-Einrichtungen zur Verfügung. Kosten: zirka zehn, 15 Euro im Monat. (Was das in Relation zu den nigerianischen Einkommensverhältnissen bedeutet, wird nicht erläutert.) Und: „Anzumerken ist, dass auch Sexarbeiterinnen meist auf Kinderbetreuung durch Dritte angewiesen sind.“
Im Klartext: Die Kindesmutter soll sich in ihren heimatlichen Slums verstecken. Dort kann sie ja, schließlich ist sie jung, an männlicher Kundschaft was verdienen. Das Kind kann sie sich dabei auf den Rücken binden (im Unklartext des Bescheids: „Selbständige Arbeit bietet auch die Möglichkeit, die eigenen Kinder nebenbei zu beaufsichtigen“) oder gegen Bezahlung betreuen lassen, wie alle Schlampen, die den Familienverband brüskieren und Kinder von Männern kriegen, mit denen sie nicht verheiratet sind. Und, ach ja: Mobilität eröffnet neue Berufschancen, vorausgesetzt, sie führt nicht nach Österreich.
Was geht in einem vor, der solche Urteile über menschliche Schicksale fällt?
Ein wenig Aufklärung bietet ein Passus im Bescheid, der erklärt, wann begründete „Furcht vor Verfolgung“ (ein „zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs“) bestehe, nämlich dann, wenn diese Furcht objektiv nachvollziehbar sei: „Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.“
Ja dann! Welcher vernunftbegabte österreichische Beamte fürchtet sich schon vor Zwangsverheiratung, Prostitution und einem Leben in den Slums? Eben.
Erstaunlich auch, dass an dieser Geschichte, als sie öffentlich wurde, zwar der Abschiebebescheid für den Säugling empörte, kaum jedoch die amtlichen Erläuterungen zur Situation der Mutter. Warum? Weil sie gar nicht so selten sind, die braven ÖsterreicherInnen, die ebenfalls nix dabei finden, wenn junge Frauen ihren Körper vermarkten müssen? Oder weil sie sich denken: Besser zwangsverheiratet als übergeblieben? Rätselhaft, und leider fällt einem keine erfreuliche Antwort ein.
2.
Noch ein Rätsel: Franz Jägerstätter, dieser einfache Bauer, wurde seliggesprochen. Das sagen sie nämlich immer dazu, wenn sie von ihm sprechen: dieser einfache Bauer. Das lassen sie nie weg, der gräfliche Kardinal und alle möglichen anderen, die sich berufen fühlen, ihren Senf über ihn abzugeben.
Ein einfacher Bauer, und hatte moralische Grundsätze! Ein einfacher Bauer, und konnte nachdenken! Wer hätte das vermutet, wo doch Nachdenken und moralische Grundsätze Kennzeichen der höheren Stände sind!
Wer Franz Jägerstätters Briefe liest, entdeckt einen komplexen Charakter, einen differenzierten Denker, einen Mann, der sich artikulieren konnte. Was ihm fehlte, war die formale (akademische) Anerkennung seiner Intelligenz und der daraus resultierenden Überlegungen sowie glanzvolle Ahnln, sprich eine familiäre Tradition des Sich-überlegen-Fühlens und Danach-Handelns.
Und das soll die Anmaßenden berechtigen, ihre angebliche soziale Überlegenheit ins Spiel zu bringen, statt sich zu bescheiden und anzuerkennen, dass sie einem wie Jägerstätter in keiner Hinsicht das Wasser reichen können?
http://www.news.at/profil/index.html?/a ... 5419.shtml
Profil 45/07 Elfriede Hammerl
Schön ist das Zwangsverheiratung oder Abschiebung in einen Slum kein Grund für Asyl sind...
Ab in die Slums
Vom feinfühligen Umgang mit geflüchteten jungen Frauen und einfachen Bauern.
1.
Eine 15-Jährige soll in Nigeria zwangsverheiratet werden. Sie weigert sich und wird mit dem Umbringen bedroht. Sie flüchtet nach Österreich. Hier sucht sie um Asyl an. Das war vor fünf Jahren.
Mittlerweile hat sie einen neun Monate alten Sohn aus einer gewollten Beziehung. Für diesen hat sie ebenfalls Asyl beantragt. Stattdessen erhält sie einen Abschiebungsbescheid für das Kind. Auch ihr eigener Asylantrag wurde (bereits von der zweiten Instanz) abgelehnt.
Die Begründung gibt tiefe Einblicke in eine österreichische (Beamten-)Seele.
Da wird zunächst einmal festgehalten, dass Kindesmutter und Baby nicht mit dem – verheirateten – Kindesvater zusammenleben. Daraus wird der Schluss gezogen, dass es deswegen kein Auseinanderreißen einer Familie bedeute, wenn das Kind abgeschoben werde. Im Klartext: Uneheliche Kinder haben kein Anrecht auf Kontakt mit ihrem Vater. (Widerspricht zwar der österreichischen Rechtsauffassung, wonach uneheliche den ehelichen Kindern prinzipiell gleichgestellt sind, aber das gilt scheint’s nur für österreichische Kinder.)
Danach wird gemütlich ausgeführt, dass die Kindesmutter in Nigeria eh ein gutes Leben haben könnte.
Weil: In Lagos, der 12-Millionen-Stadt, sei ein „Untertauchen problemlos möglich, wodurch eine Flüchtende in der Anonymität unkontrollierter Wohn- bzw. Slumviertel Schutz vor etwaigen Verfolgern erlangen kann“.
Weiters gebe es auch Verdienstmöglichkeiten. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass sich angesichts der herrschenden Massenarmut niemand aus eigener Kraft daraus befreien könne, dennoch böten sich jungen Frauen attraktive Erwerbschancen, zum Beispiel als selbstständige Handyverleiherin, Kellnerin oder Verkäuferin. Wörtlich: „In vielen dieser Geschäftsbereiche werden deshalb bevorzugt junge Frauen angestellt bzw. sind junge Frauen besonders erfolgreich, weil sie männliche Kundschaft anziehen.“
Und: „Mobilität eröffnet neue Berufschancen.“
Das Kind? Kein Problem. Meistens würden Kinder im Familienverband betreut. Denjenigen, die sich aus ihrem Familienverband gelöst hätten, stünden Day-Care-Einrichtungen zur Verfügung. Kosten: zirka zehn, 15 Euro im Monat. (Was das in Relation zu den nigerianischen Einkommensverhältnissen bedeutet, wird nicht erläutert.) Und: „Anzumerken ist, dass auch Sexarbeiterinnen meist auf Kinderbetreuung durch Dritte angewiesen sind.“
Im Klartext: Die Kindesmutter soll sich in ihren heimatlichen Slums verstecken. Dort kann sie ja, schließlich ist sie jung, an männlicher Kundschaft was verdienen. Das Kind kann sie sich dabei auf den Rücken binden (im Unklartext des Bescheids: „Selbständige Arbeit bietet auch die Möglichkeit, die eigenen Kinder nebenbei zu beaufsichtigen“) oder gegen Bezahlung betreuen lassen, wie alle Schlampen, die den Familienverband brüskieren und Kinder von Männern kriegen, mit denen sie nicht verheiratet sind. Und, ach ja: Mobilität eröffnet neue Berufschancen, vorausgesetzt, sie führt nicht nach Österreich.
Was geht in einem vor, der solche Urteile über menschliche Schicksale fällt?
Ein wenig Aufklärung bietet ein Passus im Bescheid, der erklärt, wann begründete „Furcht vor Verfolgung“ (ein „zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs“) bestehe, nämlich dann, wenn diese Furcht objektiv nachvollziehbar sei: „Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.“
Ja dann! Welcher vernunftbegabte österreichische Beamte fürchtet sich schon vor Zwangsverheiratung, Prostitution und einem Leben in den Slums? Eben.
Erstaunlich auch, dass an dieser Geschichte, als sie öffentlich wurde, zwar der Abschiebebescheid für den Säugling empörte, kaum jedoch die amtlichen Erläuterungen zur Situation der Mutter. Warum? Weil sie gar nicht so selten sind, die braven ÖsterreicherInnen, die ebenfalls nix dabei finden, wenn junge Frauen ihren Körper vermarkten müssen? Oder weil sie sich denken: Besser zwangsverheiratet als übergeblieben? Rätselhaft, und leider fällt einem keine erfreuliche Antwort ein.
2.
Noch ein Rätsel: Franz Jägerstätter, dieser einfache Bauer, wurde seliggesprochen. Das sagen sie nämlich immer dazu, wenn sie von ihm sprechen: dieser einfache Bauer. Das lassen sie nie weg, der gräfliche Kardinal und alle möglichen anderen, die sich berufen fühlen, ihren Senf über ihn abzugeben.
Ein einfacher Bauer, und hatte moralische Grundsätze! Ein einfacher Bauer, und konnte nachdenken! Wer hätte das vermutet, wo doch Nachdenken und moralische Grundsätze Kennzeichen der höheren Stände sind!
Wer Franz Jägerstätters Briefe liest, entdeckt einen komplexen Charakter, einen differenzierten Denker, einen Mann, der sich artikulieren konnte. Was ihm fehlte, war die formale (akademische) Anerkennung seiner Intelligenz und der daraus resultierenden Überlegungen sowie glanzvolle Ahnln, sprich eine familiäre Tradition des Sich-überlegen-Fühlens und Danach-Handelns.
Und das soll die Anmaßenden berechtigen, ihre angebliche soziale Überlegenheit ins Spiel zu bringen, statt sich zu bescheiden und anzuerkennen, dass sie einem wie Jägerstätter in keiner Hinsicht das Wasser reichen können?
http://www.news.at/profil/index.html?/a ... 5419.shtml
Profil 45/07 Elfriede Hammerl
Schön ist das Zwangsverheiratung oder Abschiebung in einen Slum kein Grund für Asyl sind...
- Nukkumatti
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- Kontaktdaten:
\"Wo steht denn geschrieben, dass Ihr Familienleben in Österreich stattfinden muss?\"
Frau D. ist seit über einem Jahr verheiratet. Ihren Mann hat sie auf einer ihrer zahlreichen Reisen durch den südamerikanischen Kontinent kennen und lieben gelernt. Vor über einem Jahr stellte er den Antrag auf Niederlassungsbewilligung in Österreich - abgelehnt durch zwei Instanzen.
Warum? Nun ja, Frau D. wird seit eineinhalb Jahren ausgebildet, umgeschult. Sie ist im Begriff einen Beruf zu erlernen, der in Österreich Mangelware ist. Der Staat lässt sich die Ausbildung von Frau D. an die 80.000 Euro kosten, Jobaussichten nach der Ausbildung – 100 %.
Nur: Während dieser Ausbildung, die noch ein paar Monate dauern wird, verdient Frau D. nicht genug. Genauer gesagt, sie verdient die für ein Familienleben in Österreich erforderlichen 1091 Euro + Miete nicht. Pech – sagt der Staat. Kein Problem – dachte Frau D. Ich habe ja noch das Erbe meiner Oma, gesicherte Wertpapiere in ausreichender Höhe. Gilt nicht – sagt der Staat.
Und jetzt? Wenn die Ausbildung fertig ist, und Frau D. genug verdient, kann ihr Mann ja noch mal einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung in Österreich stellen, meinten die Beamten. Wenn man die Bearbeitungsdauer mit einrechnet, hieße das für das Ehepaar noch einmal mindestens 9 Monate getrennt von einander leben zu müssen. Das hieße aber auch, dass erst 22 Monate nach der Hochzeit ihre Beziehung in Österreich stattfinden darf. Dieses Paar könnte nach 22 Monaten der Trennung endlich mit einer gemeinsamen Lebensplanung beginnen. Frustriert und des Wartens müde, überdrüssig des langen Von-einander-getrennt-leben-Müssens, überlegt Frau D., nun einfach alles hinzuschmeißen, um im Land ihres Ehemannes noch einmal von vorne anzufangen.
Wer vesteht das noch?
Minister Bartenstein investiert sehr viel Geld in die Ausbildung einer Österreicherin für eine Branche, die sehr dringend Arbeitskräfte sucht, und gleichzeitig erklärt Minister Platter dieser Frau, dass ihr Mann alles andere als erwünscht in diesem Land ist. Er könnte einer Gebietskörperschaft zur Last fallen, befürchtet der Herr Platter. Und wie hieß es doch so \"schön\" beim Ehe ohne Grenzen-Gespräch mit dem Innenminister am 6.6.2007: \"Wo steht denn geschrieben, dass Ihr Familienleben in Österreich stattfinden muss?\"
Wo leben wir?
Wir leben also in einem Land, das ÖsterreicherInnen, die den \"Falschen\" oder die \"Falsche\" geheiratet haben, mit der Verweigerung von Niederlassungsbewilligungen offensichtlich ausbürgern will. Arbeitslose, KindergeldbezieherInnen, Zivildiener, StudentInnen, PensionistInnen und alle ÖsterreicherInnen, die weniger als 1091 Euro + Miete verdienen, und die sich in Drittstaatsangehörige verliebt haben, sollten mit dem Aufgebot auch gleich die Umzugskartons bestellen? Österreich legt keinen Wert mehr auf ihre MitbürgerInnenschaft?
\"So nicht!\" sagen die Ehepaare von Ehe ohne Grenzen.
Wir haben ein Recht, mit der Partnerin bzw. dem Partner unserer Wahl, mit dem Vater oder der Mutter unserer Kinder hier in Österreich zu leben – ein Menschenrecht auf Eheleben und Privatsphäre.
Laut Statistik Austria fanden im Jahr 2005 über 8.000 Eheschließungen zwischen ÖsterreicherInnen und Drittstaatsangehörigen statt. Und auch für die Jahre danach kann man für etwa 20 % aller Eheschließungen davon ausgehen, dass sie zwischen einer/m ÖsterreicherIn und einer/m Drittstaatsangehörigen geschlossen wurden.
Dem stehen gegenüber nur 1.633 erteilte Niederlassungsbewilligungen als Angehöriger seit dem 1.1.2006 - 1.144 im Jahr 2006 und nur 489 im Jahr 2007.
Die Zahlen des Innenministeriums umfassen natürlich nicht nur EhepartnerInnen, sondern auch andere direkte Angehörige von ÖsterreicherInnen, was die Bilanz um nichts weniger besorgniserrend macht.
http://eheohnegrenzen.sosmitmensch.at/stories/1690/
Frau D. ist seit über einem Jahr verheiratet. Ihren Mann hat sie auf einer ihrer zahlreichen Reisen durch den südamerikanischen Kontinent kennen und lieben gelernt. Vor über einem Jahr stellte er den Antrag auf Niederlassungsbewilligung in Österreich - abgelehnt durch zwei Instanzen.
Warum? Nun ja, Frau D. wird seit eineinhalb Jahren ausgebildet, umgeschult. Sie ist im Begriff einen Beruf zu erlernen, der in Österreich Mangelware ist. Der Staat lässt sich die Ausbildung von Frau D. an die 80.000 Euro kosten, Jobaussichten nach der Ausbildung – 100 %.
Nur: Während dieser Ausbildung, die noch ein paar Monate dauern wird, verdient Frau D. nicht genug. Genauer gesagt, sie verdient die für ein Familienleben in Österreich erforderlichen 1091 Euro + Miete nicht. Pech – sagt der Staat. Kein Problem – dachte Frau D. Ich habe ja noch das Erbe meiner Oma, gesicherte Wertpapiere in ausreichender Höhe. Gilt nicht – sagt der Staat.
Und jetzt? Wenn die Ausbildung fertig ist, und Frau D. genug verdient, kann ihr Mann ja noch mal einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung in Österreich stellen, meinten die Beamten. Wenn man die Bearbeitungsdauer mit einrechnet, hieße das für das Ehepaar noch einmal mindestens 9 Monate getrennt von einander leben zu müssen. Das hieße aber auch, dass erst 22 Monate nach der Hochzeit ihre Beziehung in Österreich stattfinden darf. Dieses Paar könnte nach 22 Monaten der Trennung endlich mit einer gemeinsamen Lebensplanung beginnen. Frustriert und des Wartens müde, überdrüssig des langen Von-einander-getrennt-leben-Müssens, überlegt Frau D., nun einfach alles hinzuschmeißen, um im Land ihres Ehemannes noch einmal von vorne anzufangen.
Wer vesteht das noch?
Minister Bartenstein investiert sehr viel Geld in die Ausbildung einer Österreicherin für eine Branche, die sehr dringend Arbeitskräfte sucht, und gleichzeitig erklärt Minister Platter dieser Frau, dass ihr Mann alles andere als erwünscht in diesem Land ist. Er könnte einer Gebietskörperschaft zur Last fallen, befürchtet der Herr Platter. Und wie hieß es doch so \"schön\" beim Ehe ohne Grenzen-Gespräch mit dem Innenminister am 6.6.2007: \"Wo steht denn geschrieben, dass Ihr Familienleben in Österreich stattfinden muss?\"
Wo leben wir?
Wir leben also in einem Land, das ÖsterreicherInnen, die den \"Falschen\" oder die \"Falsche\" geheiratet haben, mit der Verweigerung von Niederlassungsbewilligungen offensichtlich ausbürgern will. Arbeitslose, KindergeldbezieherInnen, Zivildiener, StudentInnen, PensionistInnen und alle ÖsterreicherInnen, die weniger als 1091 Euro + Miete verdienen, und die sich in Drittstaatsangehörige verliebt haben, sollten mit dem Aufgebot auch gleich die Umzugskartons bestellen? Österreich legt keinen Wert mehr auf ihre MitbürgerInnenschaft?
\"So nicht!\" sagen die Ehepaare von Ehe ohne Grenzen.
Wir haben ein Recht, mit der Partnerin bzw. dem Partner unserer Wahl, mit dem Vater oder der Mutter unserer Kinder hier in Österreich zu leben – ein Menschenrecht auf Eheleben und Privatsphäre.
Laut Statistik Austria fanden im Jahr 2005 über 8.000 Eheschließungen zwischen ÖsterreicherInnen und Drittstaatsangehörigen statt. Und auch für die Jahre danach kann man für etwa 20 % aller Eheschließungen davon ausgehen, dass sie zwischen einer/m ÖsterreicherIn und einer/m Drittstaatsangehörigen geschlossen wurden.
Dem stehen gegenüber nur 1.633 erteilte Niederlassungsbewilligungen als Angehöriger seit dem 1.1.2006 - 1.144 im Jahr 2006 und nur 489 im Jahr 2007.
Die Zahlen des Innenministeriums umfassen natürlich nicht nur EhepartnerInnen, sondern auch andere direkte Angehörige von ÖsterreicherInnen, was die Bilanz um nichts weniger besorgniserrend macht.
http://eheohnegrenzen.sosmitmensch.at/stories/1690/
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Bitte, nicht mehr weinen!
An einem Montag im „Ehe ohne Grenzen“-Büro zwischen dreizehn und zwanzig Uhr
Beratung 1 - 13 Uhr:
Zwei junge Menschen – Anfang 20 – sitzen aufgebracht mir gegenüber, berichten abwechselnd in Englisch und Deutsch von ihrem dritten Versuch, ihre Hochzeit bei einem Standesamt in Wien anzumelden. Heute wurden sie zum dritten Mal weggeschickt, weil der Standesbeamtin angeblich schon wieder ein Dokument gefehlt hat. Immer mit dabei die konzessionierte Übersetzerin – wie vom Standesamt gefordert – nun schon zum dritten Mal 70 Euro an sie bezahlt – „für die Fisch“, wie Braut in spe meint, „wir haben keinen Geldscheißer.“ Nochmaliges Schildern des heute Erlebten. „So darf die mit uns nicht reden, die Standesbeamtin“, sagt die Braut in spe und beginnt vor Wut zu weinen, entschuldigt sich dafür bei mir, schneuzt sich und meint: “Na, is ja wahr!“ Bräutigam in spe tätschelt ihr das Knie und meint: „Next time – sure!“
Wutweinen.
Beratung 2 - 14.30 Uhr:
Frau mit rotem Lippenstift und kleinem Handtäschchen setzt sich zum Gespräch, holt tief Luft und wird als erstes von einem Weinkrampf geschüttelt. Nun ja, daneben sitzen und warten. Ich warte. Sie setzt noch einmal zum Reden an – noch ein Weinkrampf schüttelt sie. Gut oder nicht gut, ich warte weiter. So, jetzt aber: „Ich weiß seit gestern, dass ich schwanger bin,“ sagt die Frau. „Ich bin seit zwei Monaten anerkannter Konventionsflüchtling. Mein Mann kommt von ganz wo anders her. Wir haben uns im Flüchtlingsheim kennen gelernt. Wir haben beide Chemie studiert. Lustig, gell?“ erzählt sie und beginnt wieder zu weinen. „Ich kann mit meinem Mann nicht dort leben, wo er herkommt, und für Österreich verdiene ich zuwenig Geld.“ „Ich bin fast vierzig und wollte immer ein Kind haben, jetzt freue ich mich so und alles ist gleichzeitig so furchtbar. Wir können nicht vor und nicht zurück!“ Ich gehe Taschentücher holen.
Freudentränen Furchtbarweinen.
Beratung 3 - 15.25 Uhr:
Am Telefon: „Wir werden in zwei Wochen heiraten,“ sagt eine junge Männerstimme. „Fein!“ sage ich. – Er: „Ich habe gerade mit dem Zivildienst angefangen.“ Er beginnt zu stottern, als er von den für ein Familienleben erforderlichen 1091 Euro Monatseinkommen hört. „Aber das geht doch nicht! Wie stellen sich die das vor? Bis ich wieder voll arbeiten kann, vergehen Monate, das halten wir getrennt nicht aus!“ Ich höre einmal schniefen und zweimal rotzen.
Telefonweinen.
Beratung 4 - 16.15 Uhr:
Voran ein riesengroßer roter Kinderwagen mit verhältnismäßig kleinem Baby drinnen, dahinter die Eltern. Zur Begrüßung wird die Ausweisung durch die Fremdenpolizei auf den Tisch gelegt. Ein altes Ehepaar quasi, schon seit zweieinhalb Jahren verheiratet, seit vier Jahren ein Paar. Der Mann illegalisiert vom Fremdengesetz – jetzt soll er sich schleichen, sagt der Staat. Ich beginne die Situation zu erklären, das Baby beginnt zu brüllen und zu weinen und hört bis zum Schluss des Gespräches nicht mehr auf.
Protestweinen.
Beratung 5 - 17.45 Uhr:
Wieder Vater Mutter Kind. Bärenvater Mutter Kind. Riesengroßer Mann mit schwarzem Vollbart, kleine Ehefrau mit Kind auf dem Schoß. Kind auf dem Schoß malt Katzen auf die Infoblätter vor sich auf dem Tisch. Der Ehefrau fehlen noch 15 Monate bis zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Jetzt haben sie dem Mann die Grundversorgung im Asylverfahren gestrichen. Wovon sollen sie leben? Wenn sie um Sozialhilfe ansucht, beginnt die Frist bis zur Staatsbürgerschaft von neuem zu laufen.... Bärenvater ist Asylwerbervater, bei den Worten „Auslandsantragstellung und Quotenplatz“ beginnen stille Tränen in seinen Bart zu tröpfeln. Die Frau geht mit dem Kind aufs Klo. „Ich bin stark“, meint er, „ich muss hier für meine Frau und mein Kind arbeiten. Ich kann nicht zurück und dort warten!“
Bärenvaterweinen.
Beratung 6 - 19 Uhr:
Der letzte „Termin des Tages“ betritt das Büro. Der Verlobte sitzt in Schubhaft. Er ist länger in Österreich geblieben, als das Visum gültig war. „Ich bin schuld“, sagt die Frau, „ich wollte ihn nicht gehen lassen, bin so verliebt.“ Straßenkontrolle vor ein paar Tagen, kein gültiger Aufenthaltstitel. „Ich bin schuld“, meint sie, „und das Heiraten hat sich so lange hingezogen.“ Die Frau hat feuchte Augen. Ich schiebe ihr Taschentücher hin. „Ich will, aber ich kann nicht weinen,“ sagt die Frau.
Willaberkannnichtweinen.
Aus, fertig, Feierabend! Heizung runterdrehen, zusperren, auf Wiedersehen. In der U-Bahn beginnt mir gegenüber ein Kind zu weinen. „Bitte, heute nicht mehr weinen!“
http://eheohnegrenzen.sosmitmensch.at/stories/1688/
________________________
es ist so irre, welches unmenschliche gesetz hier beschlossen wurde.
selbst der oberste richter regt an, dieses raschest zu ändern, weil so viele teile davon schon aufgehoben werden mussten weil sie gegen die menschenrechte od. schlicht nur gegen die verfassung verstoßen.
:a_zzblirre:
danke an bzö/övp/spö für diesen absolut menschenverachtenden vollscheiß.
An einem Montag im „Ehe ohne Grenzen“-Büro zwischen dreizehn und zwanzig Uhr
Beratung 1 - 13 Uhr:
Zwei junge Menschen – Anfang 20 – sitzen aufgebracht mir gegenüber, berichten abwechselnd in Englisch und Deutsch von ihrem dritten Versuch, ihre Hochzeit bei einem Standesamt in Wien anzumelden. Heute wurden sie zum dritten Mal weggeschickt, weil der Standesbeamtin angeblich schon wieder ein Dokument gefehlt hat. Immer mit dabei die konzessionierte Übersetzerin – wie vom Standesamt gefordert – nun schon zum dritten Mal 70 Euro an sie bezahlt – „für die Fisch“, wie Braut in spe meint, „wir haben keinen Geldscheißer.“ Nochmaliges Schildern des heute Erlebten. „So darf die mit uns nicht reden, die Standesbeamtin“, sagt die Braut in spe und beginnt vor Wut zu weinen, entschuldigt sich dafür bei mir, schneuzt sich und meint: “Na, is ja wahr!“ Bräutigam in spe tätschelt ihr das Knie und meint: „Next time – sure!“
Wutweinen.
Beratung 2 - 14.30 Uhr:
Frau mit rotem Lippenstift und kleinem Handtäschchen setzt sich zum Gespräch, holt tief Luft und wird als erstes von einem Weinkrampf geschüttelt. Nun ja, daneben sitzen und warten. Ich warte. Sie setzt noch einmal zum Reden an – noch ein Weinkrampf schüttelt sie. Gut oder nicht gut, ich warte weiter. So, jetzt aber: „Ich weiß seit gestern, dass ich schwanger bin,“ sagt die Frau. „Ich bin seit zwei Monaten anerkannter Konventionsflüchtling. Mein Mann kommt von ganz wo anders her. Wir haben uns im Flüchtlingsheim kennen gelernt. Wir haben beide Chemie studiert. Lustig, gell?“ erzählt sie und beginnt wieder zu weinen. „Ich kann mit meinem Mann nicht dort leben, wo er herkommt, und für Österreich verdiene ich zuwenig Geld.“ „Ich bin fast vierzig und wollte immer ein Kind haben, jetzt freue ich mich so und alles ist gleichzeitig so furchtbar. Wir können nicht vor und nicht zurück!“ Ich gehe Taschentücher holen.
Freudentränen Furchtbarweinen.
Beratung 3 - 15.25 Uhr:
Am Telefon: „Wir werden in zwei Wochen heiraten,“ sagt eine junge Männerstimme. „Fein!“ sage ich. – Er: „Ich habe gerade mit dem Zivildienst angefangen.“ Er beginnt zu stottern, als er von den für ein Familienleben erforderlichen 1091 Euro Monatseinkommen hört. „Aber das geht doch nicht! Wie stellen sich die das vor? Bis ich wieder voll arbeiten kann, vergehen Monate, das halten wir getrennt nicht aus!“ Ich höre einmal schniefen und zweimal rotzen.
Telefonweinen.
Beratung 4 - 16.15 Uhr:
Voran ein riesengroßer roter Kinderwagen mit verhältnismäßig kleinem Baby drinnen, dahinter die Eltern. Zur Begrüßung wird die Ausweisung durch die Fremdenpolizei auf den Tisch gelegt. Ein altes Ehepaar quasi, schon seit zweieinhalb Jahren verheiratet, seit vier Jahren ein Paar. Der Mann illegalisiert vom Fremdengesetz – jetzt soll er sich schleichen, sagt der Staat. Ich beginne die Situation zu erklären, das Baby beginnt zu brüllen und zu weinen und hört bis zum Schluss des Gespräches nicht mehr auf.
Protestweinen.
Beratung 5 - 17.45 Uhr:
Wieder Vater Mutter Kind. Bärenvater Mutter Kind. Riesengroßer Mann mit schwarzem Vollbart, kleine Ehefrau mit Kind auf dem Schoß. Kind auf dem Schoß malt Katzen auf die Infoblätter vor sich auf dem Tisch. Der Ehefrau fehlen noch 15 Monate bis zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Jetzt haben sie dem Mann die Grundversorgung im Asylverfahren gestrichen. Wovon sollen sie leben? Wenn sie um Sozialhilfe ansucht, beginnt die Frist bis zur Staatsbürgerschaft von neuem zu laufen.... Bärenvater ist Asylwerbervater, bei den Worten „Auslandsantragstellung und Quotenplatz“ beginnen stille Tränen in seinen Bart zu tröpfeln. Die Frau geht mit dem Kind aufs Klo. „Ich bin stark“, meint er, „ich muss hier für meine Frau und mein Kind arbeiten. Ich kann nicht zurück und dort warten!“
Bärenvaterweinen.
Beratung 6 - 19 Uhr:
Der letzte „Termin des Tages“ betritt das Büro. Der Verlobte sitzt in Schubhaft. Er ist länger in Österreich geblieben, als das Visum gültig war. „Ich bin schuld“, sagt die Frau, „ich wollte ihn nicht gehen lassen, bin so verliebt.“ Straßenkontrolle vor ein paar Tagen, kein gültiger Aufenthaltstitel. „Ich bin schuld“, meint sie, „und das Heiraten hat sich so lange hingezogen.“ Die Frau hat feuchte Augen. Ich schiebe ihr Taschentücher hin. „Ich will, aber ich kann nicht weinen,“ sagt die Frau.
Willaberkannnichtweinen.
Aus, fertig, Feierabend! Heizung runterdrehen, zusperren, auf Wiedersehen. In der U-Bahn beginnt mir gegenüber ein Kind zu weinen. „Bitte, heute nicht mehr weinen!“
http://eheohnegrenzen.sosmitmensch.at/stories/1688/
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es ist so irre, welches unmenschliche gesetz hier beschlossen wurde.
selbst der oberste richter regt an, dieses raschest zu ändern, weil so viele teile davon schon aufgehoben werden mussten weil sie gegen die menschenrechte od. schlicht nur gegen die verfassung verstoßen.
:a_zzblirre:
danke an bzö/övp/spö für diesen absolut menschenverachtenden vollscheiß.
- Nukkumatti
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Klagenfurt – Es geschah alles ganz still und leise. Vor rund einem Jahr übernahm der französische Weltkonzern Veolia die Wasserversorgung der kleinen Kärntner Gemeinde Maria Rain. Konkret: Dienstleistungen rund um das Wasser, wie Reparatur, Wartung, Neuverlegung des Leitungsnetzes wurden der Firma Aquassist übertragen. Diese wiederum wurde von den Klagenfurter Stadtwerken zu 41 Prozent an die Veolia und zu sechs Prozent an die Aqua Consult, eine Veolia-Tochter verkauft.
Dem milliardenschweren globalen Wasserkonzern Veolia, der mit dem ebenfalls französischen Unternehmen Suez 65 Prozent des weltweiten Wassermarktes kontrolliert, gelang damit der lang ersehnte Einstieg in den österreichischen Markt. Von hier aus soll Südosteuropa aufgerollt werden.
Zwei Bewerber sind im Rennen
Nun dürfte Veolia über Aquassist bald auch in Klagenfurt einsteigen. Die Klagenfurter Stadtwerke, die noch 49 Prozent an der Aquassist halten, haben über die Wasserwerke den Wassernetzbetrieb ausgeschrieben. In dem zweistufigen EU-weiten Ausschreibungsverfahren ist jetzt Stufe zwei erreicht. Neben der Veolia sind nur mehr zwei Bewerber im Rennen. Klagenfurter \"Insider\" rechnen damit, dass die Aquassist/Veolia das Rennen machen wird. Das könnte dann auch in Klagenfurt der Beginn einer von Veolia weltweit vor allem in finanzschwachen Kommunen praktizierten Salamitaktik werden, die dann in wesentlichen Beteiligungen an der öffentlichen Grundversorgung enden.
Urangst vor einem Ausverkauf sei unbegründet
Vonseiten der Klagenfurter Stadtwerke erwartet man sich vom Outsourcing der Wasserdienstleistungen eine \"Kostenersparnis von zehn Prozent\", wie Stadtwerke-Vorstand Romed Karre gegenüber dem Standard betont. Die Urangst vor einem Ausverkauf des Wassers sei unbegründet, denn die Quellen würden im Besitz der Stadt bleiben. Die Aquassist habe nur das \"Fruchtgenussrecht\" am Klagenfurter Wasser. Einen Preisanstieg der Wassergebühren durch die \"Privatisierung\" des Wassernetzes erwartet Karre nicht. Für die Wartung des Wassernetzes müssen die Stadtwerke aber jährlich rund vier Millionen Euro an die Aquassist abliefern. Dass Veolia darüberhinaus durchaus auch noch Appetit auf mehr in Klagenfurt, etwa den Bereich Abwasser, hat, bestätigt Aquassist-Geschäftsführer Alexander Ruhland: \"Überall, wo wir erwünscht sind als Partner, sind wir interessiert\".
Der Bereich \"Abwasser befinde sich derzeit im Aufbau in der Aquassist. Veolia sei weltweit auch im Abwassergeschäft tätig und verfüge daher über ein entsprechendes Know-how. An einer Auslagerung des Abwasserbereiches vonseiten der Stadt Klagenfurt sei derzeit nicht gedacht, wehrt der Sprecher von Bürgermeister Harald Scheucher, Adolf Krumpf ab. Der liege in der Hoheitsverwaltung der Stadt. Dafür habe man Personal, das großteils pragmatisiert sei.
Aufwändige Sanierung bezahlte die Gemeinde
\"Was sollen die Quellen ohne Leitungen\", fragt sich der Sprecher der Kärntner Grünen, Rolf Holub: \"Wenn uns die Aquassist die Leitung abdreht, kommt ja kein Wasser mehr raus\". Der Klagenfurter Grüne-Gemeinderat Matthias Köchl warnt vor einem Ausverkauf von öffentlichem Gut an globale Konzerne: \"Erst sollte die Ausgliederung der Stadtwerke evaluiert werden, bevor man weiter privatisiert.\" Die Aquassist verfügt nur über acht Mitarbeiter. Um ihre Aufträge bewältigen zu können, kann das private Unternehmen auf das Personal des Klagenfurter Wasserwerks zurückgreifen. In Maria Rain hat man übrigens vor dem Verkauf der Wasserdienstleistungen an die Aquassist Quellen und Pumpstationen aufwändig saniert: um satte 150.000 Euro. Die allerdings musste die Gemeinde berappen. (Elisabeth Steiner/DER STANDARD Printausgabe 8.11.2007)
_____________
ein wahnsinn - wie kann man nur mit aller gewalt alles verkaufen wollen, vor allem wenn es um so wichtige dinge geht wie wasser ..
zum kotzen!
Dem milliardenschweren globalen Wasserkonzern Veolia, der mit dem ebenfalls französischen Unternehmen Suez 65 Prozent des weltweiten Wassermarktes kontrolliert, gelang damit der lang ersehnte Einstieg in den österreichischen Markt. Von hier aus soll Südosteuropa aufgerollt werden.
Zwei Bewerber sind im Rennen
Nun dürfte Veolia über Aquassist bald auch in Klagenfurt einsteigen. Die Klagenfurter Stadtwerke, die noch 49 Prozent an der Aquassist halten, haben über die Wasserwerke den Wassernetzbetrieb ausgeschrieben. In dem zweistufigen EU-weiten Ausschreibungsverfahren ist jetzt Stufe zwei erreicht. Neben der Veolia sind nur mehr zwei Bewerber im Rennen. Klagenfurter \"Insider\" rechnen damit, dass die Aquassist/Veolia das Rennen machen wird. Das könnte dann auch in Klagenfurt der Beginn einer von Veolia weltweit vor allem in finanzschwachen Kommunen praktizierten Salamitaktik werden, die dann in wesentlichen Beteiligungen an der öffentlichen Grundversorgung enden.
Urangst vor einem Ausverkauf sei unbegründet
Vonseiten der Klagenfurter Stadtwerke erwartet man sich vom Outsourcing der Wasserdienstleistungen eine \"Kostenersparnis von zehn Prozent\", wie Stadtwerke-Vorstand Romed Karre gegenüber dem Standard betont. Die Urangst vor einem Ausverkauf des Wassers sei unbegründet, denn die Quellen würden im Besitz der Stadt bleiben. Die Aquassist habe nur das \"Fruchtgenussrecht\" am Klagenfurter Wasser. Einen Preisanstieg der Wassergebühren durch die \"Privatisierung\" des Wassernetzes erwartet Karre nicht. Für die Wartung des Wassernetzes müssen die Stadtwerke aber jährlich rund vier Millionen Euro an die Aquassist abliefern. Dass Veolia darüberhinaus durchaus auch noch Appetit auf mehr in Klagenfurt, etwa den Bereich Abwasser, hat, bestätigt Aquassist-Geschäftsführer Alexander Ruhland: \"Überall, wo wir erwünscht sind als Partner, sind wir interessiert\".
Der Bereich \"Abwasser befinde sich derzeit im Aufbau in der Aquassist. Veolia sei weltweit auch im Abwassergeschäft tätig und verfüge daher über ein entsprechendes Know-how. An einer Auslagerung des Abwasserbereiches vonseiten der Stadt Klagenfurt sei derzeit nicht gedacht, wehrt der Sprecher von Bürgermeister Harald Scheucher, Adolf Krumpf ab. Der liege in der Hoheitsverwaltung der Stadt. Dafür habe man Personal, das großteils pragmatisiert sei.
Aufwändige Sanierung bezahlte die Gemeinde
\"Was sollen die Quellen ohne Leitungen\", fragt sich der Sprecher der Kärntner Grünen, Rolf Holub: \"Wenn uns die Aquassist die Leitung abdreht, kommt ja kein Wasser mehr raus\". Der Klagenfurter Grüne-Gemeinderat Matthias Köchl warnt vor einem Ausverkauf von öffentlichem Gut an globale Konzerne: \"Erst sollte die Ausgliederung der Stadtwerke evaluiert werden, bevor man weiter privatisiert.\" Die Aquassist verfügt nur über acht Mitarbeiter. Um ihre Aufträge bewältigen zu können, kann das private Unternehmen auf das Personal des Klagenfurter Wasserwerks zurückgreifen. In Maria Rain hat man übrigens vor dem Verkauf der Wasserdienstleistungen an die Aquassist Quellen und Pumpstationen aufwändig saniert: um satte 150.000 Euro. Die allerdings musste die Gemeinde berappen. (Elisabeth Steiner/DER STANDARD Printausgabe 8.11.2007)
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ein wahnsinn - wie kann man nur mit aller gewalt alles verkaufen wollen, vor allem wenn es um so wichtige dinge geht wie wasser ..
zum kotzen!
- mauergecko
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- Registriert: 29 Apr 2006, 19:42
naja Luft -über CO2 Emissionen, wird ja auch bald gehandelt werden... schöne neue Welt.
Aber stimme dir zu, eigentlich gehört diesen Leuten der Hahn abgedreht. Mich erinnert das immer an das Interview mit dem Chef von Nestle der da meinte: Wasser wird so wie es derzeit verfügbar ist verschwendet. Der Mensch sollte ein Anrecht auf 25 Liter Frischwasser am Tag haben, den Rest kann man sich dann zusätzlich kaufen. - Und klar ich seh vor meinem geistigen Auge schon riesige Nestle Tanker die Wasser nach Afrika bringen um dort die 25 Liter gratis unters Volk zu bringen...
Aber stimme dir zu, eigentlich gehört diesen Leuten der Hahn abgedreht. Mich erinnert das immer an das Interview mit dem Chef von Nestle der da meinte: Wasser wird so wie es derzeit verfügbar ist verschwendet. Der Mensch sollte ein Anrecht auf 25 Liter Frischwasser am Tag haben, den Rest kann man sich dann zusätzlich kaufen. - Und klar ich seh vor meinem geistigen Auge schon riesige Nestle Tanker die Wasser nach Afrika bringen um dort die 25 Liter gratis unters Volk zu bringen...
- Nukkumatti
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- mauergecko
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sehr fein:
US-Kirchengemeinden locken Jugendliche mit gewalttätigem Videospiel
\"Basis für die Diskussion über Gott und Teufel\" - Resonanz der Jugendlichen beeindruckend stark
Drei Außerirdische hat der Kämpfer bereits mit dem Sturmgewehr erschossen, einem vierten Angreifer rammt er ein Schwert in den Körper. Die Jugendlichen sind begeistert. Sie drücken auf die Videospiel-Bedienung und starren auf den großen Bildschirm. Dieser steht nicht etwa in einer Spielothek, sondern in einem kirchlichen Jugendzentrum. Seit kurzem locken Hunderte protestantische Kirchengemeinden in den USA auf diese Weise junge Gläubige an. Nun ist eine intensive Debatte um diese ungewöhnliche Missionierungsaktion ausgebrochen.
erstoß gegen den Jugendschutz
Kritiker sprechen von Gewaltverherrlichung und einem Verstoß gegen den Jugendschutz. Denn \"Halo 3\", so der Name des Spiels, ist in den USA erst ab 17 Jahren freigegeben. In den Gemeinderäumen ballern aber durchaus auch Zwölfjährige munter drauf los. Bei dem sogenannten Ego-Shooter-Spiel attackiert ein bis an die Zähne bewaffneter Kämpfer Außerirdische, die aus religiösen Gründen die Erde zerstören wollen. \"Die Zeiten, in denen man Jugendliche mit Bingo, Brettspielen und ein bisschen Sport begeistern konnte, sind vorbei\", sagt Lane Palmer, ein Initiator der Aktion. \"Kirchen müssen heute kreativ sein und neue Wege finden, um junge Menschen zu gewinnen.\"
Glauben und Ballerspiele lassen sich vereinbaren
Palmer ist Jugendbeauftragter der gemeinnützigen \"Dare-2-Share\"-Organisation (Traue Dich mitzumachen) aus Arvada im Bundesstaat Colorado und berät Kirchen bei ihrer Jugendarbeit. Diese muss sich nach seinen Worten stärker an aktuellen Trends wie den Harry-Potter-Büchern, Kinofilmen oder populären Videospielen wie \"Halo 3\" orientieren. Kürzlich erklärte seine Organisation in einem E-Mail an mehrere tausend Jugendliche, wie sich Glauben und Ballerspiele vereinbaren ließen. Einer der Tipps: \"Benutzt Halo als Basis für eine Diskussion über Gott und Teufel.\"
Jugendliche reagiere positiv
Die Reaktionen seien überwältigend gewesen, erzählt Palmer. \"Eine derart positive Antwort haben die Kirchen von den Jugendlichen seit Jahren nicht erlebt.\" Manche Gemeinden wie die Country Bible Church in Ashby (Minnesota) planen inzwischen sogar, die Anzahl ihrer Fernseher zu verdoppeln. \"Endlich haben wir etwas gefunden, was junge Menschen interessiert und nichts mit Drogen, Alkohol oder vorehelichem Sex zu tun hat\", sagte der dortige Jugendpfarrer David Drexler der \"New York Times\". Die Kinder beschrieben dem Blatt ihre Motivation etwas anders. \"Es macht einfach Spaß, Menschen wegzupusten\", erklärte der zwölfjährige Tim Foster.
Auch in Kirchen wird gezweifelt
\"Halo 3\" ist allerdings auch unter den protestantischen Kirchen selbst umstritten. Zwei der größten Glaubensgemeinschaften, die United Methodist und die Evangelical Lutheran Church, lehnen den Einsatz des Spiels als Werbemittel ab. Der Zweck heilige nicht alle Mittel, findet auch James Tonkowich, Präsident des Institute on Religion and Democracy (Institut für Religion und Demokratie). \"Sonst könnte man Jugendliche auch mit kostenlosem Alkohol oder Pornofilmen in die Kirche locken\", sagte er der \"New York Times\".
Vater: Töten auf dem Bildschirm ist okay
\"Herr Tonkowich vergleicht Äpfel mit Birnen\", entgegnet der Jugendbeauftragte Palmer. Als Vater könne er die Ängste vieler Eltern durchaus nachvollziehen. \"Aber im Gegensatz zu Alkohol oder Pornos glaube ich, dass im Rahmen eines gewalttätigen Videospiels sehr wohl eine tiefgehende religiöse Debatte möglich ist.\" Und wie verträgt sich das Killer-Spiel mit dem fünften Gebot \"Du sollst nicht töten\"? Das gelte im wirklichen Leben natürlich weiter, betont Palmer, \"aber auf dem Bildschirm sehe ich das nicht so eng\". (dpa)
http://derstandard.at/?url=/?id=3102298
US-Kirchengemeinden locken Jugendliche mit gewalttätigem Videospiel
\"Basis für die Diskussion über Gott und Teufel\" - Resonanz der Jugendlichen beeindruckend stark
Drei Außerirdische hat der Kämpfer bereits mit dem Sturmgewehr erschossen, einem vierten Angreifer rammt er ein Schwert in den Körper. Die Jugendlichen sind begeistert. Sie drücken auf die Videospiel-Bedienung und starren auf den großen Bildschirm. Dieser steht nicht etwa in einer Spielothek, sondern in einem kirchlichen Jugendzentrum. Seit kurzem locken Hunderte protestantische Kirchengemeinden in den USA auf diese Weise junge Gläubige an. Nun ist eine intensive Debatte um diese ungewöhnliche Missionierungsaktion ausgebrochen.
erstoß gegen den Jugendschutz
Kritiker sprechen von Gewaltverherrlichung und einem Verstoß gegen den Jugendschutz. Denn \"Halo 3\", so der Name des Spiels, ist in den USA erst ab 17 Jahren freigegeben. In den Gemeinderäumen ballern aber durchaus auch Zwölfjährige munter drauf los. Bei dem sogenannten Ego-Shooter-Spiel attackiert ein bis an die Zähne bewaffneter Kämpfer Außerirdische, die aus religiösen Gründen die Erde zerstören wollen. \"Die Zeiten, in denen man Jugendliche mit Bingo, Brettspielen und ein bisschen Sport begeistern konnte, sind vorbei\", sagt Lane Palmer, ein Initiator der Aktion. \"Kirchen müssen heute kreativ sein und neue Wege finden, um junge Menschen zu gewinnen.\"
Glauben und Ballerspiele lassen sich vereinbaren
Palmer ist Jugendbeauftragter der gemeinnützigen \"Dare-2-Share\"-Organisation (Traue Dich mitzumachen) aus Arvada im Bundesstaat Colorado und berät Kirchen bei ihrer Jugendarbeit. Diese muss sich nach seinen Worten stärker an aktuellen Trends wie den Harry-Potter-Büchern, Kinofilmen oder populären Videospielen wie \"Halo 3\" orientieren. Kürzlich erklärte seine Organisation in einem E-Mail an mehrere tausend Jugendliche, wie sich Glauben und Ballerspiele vereinbaren ließen. Einer der Tipps: \"Benutzt Halo als Basis für eine Diskussion über Gott und Teufel.\"
Jugendliche reagiere positiv
Die Reaktionen seien überwältigend gewesen, erzählt Palmer. \"Eine derart positive Antwort haben die Kirchen von den Jugendlichen seit Jahren nicht erlebt.\" Manche Gemeinden wie die Country Bible Church in Ashby (Minnesota) planen inzwischen sogar, die Anzahl ihrer Fernseher zu verdoppeln. \"Endlich haben wir etwas gefunden, was junge Menschen interessiert und nichts mit Drogen, Alkohol oder vorehelichem Sex zu tun hat\", sagte der dortige Jugendpfarrer David Drexler der \"New York Times\". Die Kinder beschrieben dem Blatt ihre Motivation etwas anders. \"Es macht einfach Spaß, Menschen wegzupusten\", erklärte der zwölfjährige Tim Foster.
Auch in Kirchen wird gezweifelt
\"Halo 3\" ist allerdings auch unter den protestantischen Kirchen selbst umstritten. Zwei der größten Glaubensgemeinschaften, die United Methodist und die Evangelical Lutheran Church, lehnen den Einsatz des Spiels als Werbemittel ab. Der Zweck heilige nicht alle Mittel, findet auch James Tonkowich, Präsident des Institute on Religion and Democracy (Institut für Religion und Demokratie). \"Sonst könnte man Jugendliche auch mit kostenlosem Alkohol oder Pornofilmen in die Kirche locken\", sagte er der \"New York Times\".
Vater: Töten auf dem Bildschirm ist okay
\"Herr Tonkowich vergleicht Äpfel mit Birnen\", entgegnet der Jugendbeauftragte Palmer. Als Vater könne er die Ängste vieler Eltern durchaus nachvollziehen. \"Aber im Gegensatz zu Alkohol oder Pornos glaube ich, dass im Rahmen eines gewalttätigen Videospiels sehr wohl eine tiefgehende religiöse Debatte möglich ist.\" Und wie verträgt sich das Killer-Spiel mit dem fünften Gebot \"Du sollst nicht töten\"? Das gelte im wirklichen Leben natürlich weiter, betont Palmer, \"aber auf dem Bildschirm sehe ich das nicht so eng\". (dpa)
http://derstandard.at/?url=/?id=3102298