Der Gotteswahn von Richard Dawkins

Quassel, Quatsch und Diskurs abseits der Musik
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

Richard Dakwins - Der Gotteswahn (VÖ deutsch: September 2007)


Review im Falter:

Ein schönes Review von Richard Dawkins neuem Buch \"Der Gotteswahn\" vom Falter:

Da steht Gott im Titel, also schicken wir es einem Religionsheini.“ Über diesen fantasielosen Reflex von Feuilletonredakteuren beim Versenden von Rezensionsexemplaren spekuliert Richard Dawkins im Nachwort zu seinem jüngsten Buch. „Der Gotteswahn“ war letztes Jahr ein Überraschungsbestseller, wurde auf Amazon von über tausend Laienrezensenten weitgehend freudig begrüßt – kam aber in den Besprechungen angloamerikanischer Medien nicht annähernd so gut weg. Was war passiert?
Seine Annahme mit den „Religionsheinis“ sei dann doch zu zynisch, räumt Dawkins selbst ein. Freilich nur, weil er einen noch schlimmeren Verdacht hegt: die vorauseilenden Gläubigen zweiter Ordnung, sprich, die Verliebtheit vieler Intellektueller (und Zeitungsmenschen) in den Glauben der anderen, den „Glauben an den Glauben“, dem diese selbst nicht Gläubigen übertriebenen Respekt zollen, wodurch sie zu einem Teil des Problems werden, gegen das Dawkins anschreibt.
Er tut das mit Vernunft und mit Verve, aber nicht mit der Aggressivität, die ihm oft nachgesagt wird. „Der Gotteswahn“ („The God Delusion“) ist ein durchdachtes, gut argumentiertes Stück Debattenkultur und beileibe nicht, wie einer der Standardvorwürfe lautet, „genauso fundamentalistisch“ wie seine eigentlichen Gegner, die fanatischen Gläubigen. Aber mit seiner Meinung hinter dem Berg hält der britische Evolutionsbiologe keineswegs. Geboren 1941 in Nairobi, wurde er in den Siebzigerjahren mit dem Megabest- und Longseller „Das egoistische Gen“ bekannt, das die Evolutionstheorie auf die Ebene der Gene zu übertragen sucht. Als Inhaber der Charles-Simonyi-Professur of the Public Understanding of Science an der Oxford University hat er keine Lehrverpflichtungen und kann sich ganz der Wissenschaftspopularisierung widmen. Er gilt als einer der einflussreichsten Intellektuellen der Gegenwart.
„In den letzten rund zwanzig Jahren“, erklärte Dawkins kürzlich in einem Spiegel-Interview, „ist es der Religion sehr leichtgemacht worden. Wer glaubte, hatte einen privilegierten Status. Neu ist, dass die Menschen davon die Nase voll haben. Das liegt gewiss auch am Erstarken des Islam. Die Zeit ist reif für ein neues atheistisches Denken.“ Dass als Erstverkaufstag von „Der Gotteswahn“ der 11. September gewählt wurde, lag wohl mehr als nahe.
Dawkins möchte das Bewusstsein dafür schärfen, dass Religion an sich und nicht nur in ihren Auswüchsen fundamentalistisch ist – und dass Atheist zu sein nichts ist, wofür man sich entschuldigen muss, sondern ein realistisches, tapferes, ja großartiges Ziel. Damit hebt er vor allem auf US-amerikanische Verhältnisse ab, wo Atheisten heute genau so diskriminiert würden wie Homosexuelle in den Fünfzigerjahren und sich – besonders als Politiker oder gar Präsidentschaftskandidaten – nicht zu outen wagten.
Obwohl zahlenmäßig mindestens so groß wie andere religiöse Gruppierungen seien Atheisten und Agnostiker nicht organisiert und hätten deshalb so gut wie keinen Einfluss in Gremien und Kommissionen. Diesem Missstand soll die 2003 gegründete Bewegung der „Brights“ Abhilfe schaffen – wobei mit „bright“ eine positiv konnotierte Begriffsneuprägung in Analogie zum „gay“ der Homosexuellen versucht wird. Die „neuen Atheisten“ haben den unverhältnismäßigen Vorrechten der Religiösen bei Medien und staatlichen Institutionen in Diskussionen über Ethik jetzt den Kampf angesagt. Denn es könne nicht angehen, sagt Dawkins, dass Religionsfreiheit als Freibrief für Vorurteile, schlechtes Benehmen und unlauteren Wettbewerb im Kampf um die mediale Aufmerksamkeit, die angebliche Verletzung religiöser Gefühle als Schutzschild vor Kritik, kurz: die Religion als Trumpfkarte schlechthin miss-braucht würde.

Brauchen wir Gott, um gut zu sein? Dawkins besteht darauf, dass nicht nur unsere Moral nicht aus der Bibel stammt, sondern dass wir auch keinen Gott benötigen, um Gut und Böse unterscheiden zu können. Das zentrale, vierte Kapitel seines Buches dreht sich aber um die erste Kernfrage des Glaubens: Gibt es einen Gott? Nach der geduldigen Entkräftung allerhand verdrehter Gottesbeweise – eine wahre Sisyphosarbeit, die Dawkins bravourös meistert – kommt er zu dem lapidaren Schluss: „Gott existiert mit ziemlicher Sicherheit nicht.“ Gott sei für die Erklärung der Entwicklung des Lebens und selbst eines so komplexen Wesens wie des Menschen seit Darwins Evolutionstheorie überflüssig, die Intelligent-Design-Theorie, die „wie ein Unkraut in den verbliebenen Lücken der naturwissenschaftlichen Kenntnisse gedeiht“, eine bloße Täuschung.
Weniger zu überzeugen vermag hingegen das fünfte Kapitel, in dem Dawkins über die Entstehung von Religion und deren evolutionäre Funktion spekuliert – ein derart energieaufwendiges, ja -verschwendendes System müsse, evolutionstheoretisch gesehen, einen Nutzen haben. Religion als psychologisches Nebenprodukt der Evolution, als Kehrseite des vertrauensvollen Gehorsams von Kindern, nämlich sklavische Leichtgläubigkeit, als Beiprodukt der irrationalen Neigung, uns zu verlieben, entstanden durch unbewusste Evolution oder aus dem Nichts, angetrieben von einer gehörigen Portion Wunschdenken, als Placebo für Stressminderung und Trost zu verstehen: Das alles scheint zwar nicht unrichtig, aber zu kompliziert, zu unausgegoren – und widerspricht im Übrigen auch Dawkins eigenem Anspruch, dass eine Theorie möglichst einfach sein solle. Ein schlagenderer Einwand ist allerdings, dass darin ein Phänomen nicht vorkommt, das ursächlich mit Religion verbunden zu sein scheint: die Gewalt.
Dass Dawkins in seiner umfangreichen Bibliografie René Girard nicht aufführt, mag wohl an einem fantasielosen Reflex des Naturwissenschaftlers liegen. Denn der Mythenforscher Girard bekennt sich zwar zum katholischen Glauben, argumentiert die Entstehung von Religion aber innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Bekannt geworden in den Siebzigerjahren mit „Das Heilige und die Gewalt“ kann seine „mimetische Theorie“ diesen Konnex plausibel erklären (zuletzt in „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz“, 2002). Das nachahmende, eben „mimetische“ menschliche Begehren, sagt Girard, führe notwendigerweise zu Neid, Rivalität und damit innergesellschaftlicher Gewalt, die in archaischen Gesellschaften durch den sogenannten Sündenbockmechanismus beendet wurde, die Opferung eines Unschuldigen, der danach vergöttlicht wurde. Damit wäre Religion, entstanden als systematische Nachahmung dieser ursprünglichen Gewalt, ein wenn auch unvollkommener erster Versuch, die menschliche Gewalt in den Griff zu bekommen – mithilfe von Gewalt. Ein Paradox, das aus einem Tier-Wesen den Menschen machte und diesem ein zwiespältiges Erbe hinterließ.
Kirstin Breitenfellner im Falter | Wien 37/2007 vom 12.9.2007 (Seite 69)



Hier gibt\'s ein neues Interview mit Richard Dawkins zu seinem Buch \"Der Gotteswahn\"

(so streichelweich habe ich ihn interviewtechnisch noch nie erlebt, in bezug auf seine argumentativen bücher schonmal gar nicht. lol)

http://www.stern.de/wissenschaft/mensch ... 99503.html


http://www.ullsteinbuchverlage.de/ullst ... age=buchaz

Interview im Falter:

http://www.falter.at
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

sehr cool. das war die 30 000 Euro Frage bei der letzten Millionenshow. Leider wusste die Dame den Buchtitel nicht.
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Aamon
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Beitrag von Aamon »



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Piz
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Beitrag von Piz »

so, heute gekauft, die nächsten tage fang ichs dann mal an
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

piz: freu dich drauf, Klassebuch und nebenbei bemerkt, eines der ganz Wichtigen
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EnemyOfTheSun
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Beitrag von EnemyOfTheSun »

spitzenbuch! ich schenks meinem vater zu weihnachten.
kann auch die interview-videos empfehlen auf youtube / myvideo etc
der didi hat eh schon ein paar aufgelistet.
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

bezüglich Club 2 Atheismus Diskussion

http://www.brights.at/2007/12/20/atheismus-im-club-2/

der typ hat absolut recht

*
Was mich besonders stört: Die Diskussion über die Symptome hat mit der Sache nichts zu tun. Kreuzzüge im Mittelalter oder humanitäre Hilfe der Kirchen sagen nichts darüber aus, ob es einen persönlichen Gott im Sinne der monotheistischen Offenbarungsreligionen überhaupt gibt.*


übers tatsächliche Thema wurde nicht mal 2 Minuten geredet. Und als Salomon diesen einen entscheidenen Einwurf machte, wurde er abgewürgt...
dafür durfte die muslimische Integrationstante der ÖVP am Schluß mit den 2 Pfaffen allen wunderschöne Weihnachten wünschen und alle waren lustig, freundlich und friedlich, so darf und kann keine Diskussion über Atheismus enden. Mit Kirche und dessen traditionen hat das Thema nichts zu tun. Da gehts um ganz andere Fragen abseits der Kirche...
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Kreuznagel
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Beitrag von Kreuznagel »

haha und direkt im anschluss gabs werbung für die weihnachtsmesse oder sowas vom papst, die der orf überträgt
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

so, noch 200 Seiten und dann hab ichs endlich gelesen. Das dauert und dauert....
Man muss es langsam und geniesend angehen, man muss es wirken lassen. Man muss nachdenken und man muss fühlen
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Piz
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Beitrag von Piz »

i habs scho zur hälfte durch...werd aber paar kapitel nochmal lesn, des verständnisses wegen...is aber ein sehr gutes Buch, was i bis jetz sagen kann
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

[quote3t0]
[i3t0]Original von Piz:[/i3t0]
i habs scho zur hälfte durch...werd aber paar kapitel nochmal lesn, des verständnisses wegen...is aber ein sehr gutes Buch, was i bis jetz sagen kann
[/quote3t0]


:p
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Avalon
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Beitrag von Avalon »

Hab\'s jetzt bestellt! Kommt morgen so hoff ich *freu*
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

[quoterap]
[irap]Original von Avalon:[/irap]
Hab\'s jetzt bestellt! Kommt morgen so hoff ich *freu*
[/quoterap]



freu dich drauf, ein klasse buch mit sehr vielen denkanregungen...hochinteressant...
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

so, habs endlich gelesen, großartiges Buch, kann ich nur wärmstens empfehlen...



ich zitiere aus einer amazon kritik dieses buches:

*Zwei Dinge vorweg: Einen tatsächlichen Gottesbeweis zu führen, an dem keine berechtigten Zweifel mehr angebracht wären, ist bislang niemandem gelungen. Das Umgekehrte freilich gilt gleichermaßen! Auch ein Beweis für die Nichtexistenz Gottes konnte bisher nicht erbracht werden. Und es steht auch nicht zu erwarten, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern könnte. Auch wenn er selbst felsenfest vom Gegenteil überzeugt sein mag, und wenn noch so viele ihm folgen mögen: Auch Richard Dawkins ist dies mit Der Gotteswahn nicht gelungen. Das freilich ist auch kein Wunder, weil eine endgültige Antwort auf diese, die gesamte Menschheitsgeschichte durchziehende Streitfrage nun einmal schlechterdings unmöglich ist.*


und wer die erkenntnis gewinnen will, dass gerade diese art argumentation wenig bedacht ist und es gerade diese gesteuerte Grundhaltung ohne Belege als Ausgangspunkt ist, die Dawkins in diesem Buch eigentlich bekrittelt, fernab jeglicher fundamentalistischer *Endgültigkeits*-Pseudoerkenntnis und eigenartiger Ausgangspunktphilosophie, die Gott von vornherein als zu widerlegen, weil in unseren Köpfen \"eingetrichtert\", darstellt.

Dem sei das Buch ans Herz gelegt, allen anderen natürlich auch.
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