Verfasst: 25 Mär 2008, 15:30
Charlotte Roche - Feuchtgebiete
total witzig geschrieben, wenngleich ein bissl grauslich auch :augenroll:
Das ganze Leben ist Splatter! Findet zumindest Charlotte Roche, die unter dem Pflaster keinen Strand, sondern offene Wunden sucht. In ihrem Roman \"Feuchtgebiete\" geht es hart zur Sache. Wolfgang Frömberg traf die Autorin in ihrer Kölner Lieblingsbar Elektra.
Charlotte Roche ist \"Untenrum-Arbeiterin\". Wer das noch nicht wusste, kennt womöglich nur ihre andere Hälfte aus dem Musikfernsehen, wo sie ihre Karriere als Role-Model des starken Mädchens - stets mit Rock über Hose und losem Mundwerk - begann. Oder aus anderen Formaten, mit denen sie ihre TV-Karriere nach dem Ende der Sendung \"Fast Forward\" bzw. des kompletten Kanals Viva2 fortsetzte, bis sie sich mal wieder selbstbewusst mit den Programmverantwortlichen überwarf.
Vielleicht habt ihr auch nur die im Netz kursierende Aufzeichnung jener Session gesehen, während der sie mit Roger Willemsen, Mieze und anderen Prominenten \"Wahrheit oder Pflicht\" spielt; laut Charlotte Roche \"das sexuellste Spiel überhaupt\". Oder ihr habt sie schon ansatzweise als Wissenschaftlerin erlebt - durch ihre Lesungen über \"Penisverletzungen\" und anschließende Diskussionen. Wusstet ihr, dass Charlotte Roche ein gewisser Mut zur Hässlichkeit attestiert wurde, als sie es bei der Vorstellung eines von ihr erfundenen Dammmassage-Apparats in der \"Harald Schmidt Show\" wagte, einen falschen Schneidezahn aus dem Mund zu nehmen? So, als mache die Lücke sie weniger schön, aber dafür umso bezaubernder. Und wüsstet ihr das alles zusammen, wärt ihr dann nicht der Meinung, sie sei eine ganz und gar entwaffnende Persönlichkeit?
Wenn die \"Untenrum-Arbeiterin\" Charlotte Roche bezüglich ihrer Steckenpferdchen jenseits der Gürtellinien sowie unterhalb ranziger Heftpflaster berichtet - frei von der Leber weg, wie sich das einem Abgesandten der schreibenden Zunft gegenüber ziemt -, spricht sie von dem Bretterverschlag, den andere um sich und ihre Wunden und Neigungen, Fantasien und Obsessionen bauen (etwa so, wie reiche Leute ihre Domizile ummanteln, damit ihnen kein Habenichts auf die Pelle rücken kann). Sie selbst ist eine Neugierige, die über Zäune springt oder Löcher hinein bohrt, um denen, die dahinter in Deckung gehen, an die Wäsche langen zu können. Aber gut, das hatten wir eh schon geahnt mit all unserem Wissen über Charlotte Roche. (Was wir eher nicht wissen: Wie spricht man ihren Namen richtig aus?)
Nach der Lektüre ihres Debütromans \"Feuchtgebiete\" stellt sich aber die Frage, ob auch die Autorin die Charlotte Roche ist, dir wir zu kennen glaubten. Beziehungsweise, wie nahe jene Charlotte Roche und Helen Memel sich eigentlich stehen. Helen ist nämlich die Protagonistin der \"Feuchtgebiete\" und legt mit einem intimen Geständnis los, das unsere sensible Seite beim Lesen gleich vor den Kopf stoßen könnte: \"Solange ich denken kann, habe ich Hämorrhoiden.\" Gelogen. Eigentlich ist das gar nicht das Erste, was sie sagt.
Helens Geschichte beginnt mit einer anderen Offenbarung. So naiv wie wahrhaftig. Sie wolle ihre Eltern wieder in ein gemeinsames Bett stecken, wenn sie pflegebedürftig seien und sich nicht dagegen wehren könnten, schickt das Scheidungskind der Erzählung voraus. Die spielt dann bis zum Schluss im Krankenhaus. Wahrhaftig ist die Präambel deshalb, weil wir Helen als Tabubrecherin kennenlernen, die von A wie Arschloch bis M wie Muschi keine Gefahrenzone auslässt, in der es für sie selbst und ihre Autorin - aber auch das lesende Publikum - unangenehm bzw. peinlich werden kann.
total witzig geschrieben, wenngleich ein bissl grauslich auch :augenroll:
Das ganze Leben ist Splatter! Findet zumindest Charlotte Roche, die unter dem Pflaster keinen Strand, sondern offene Wunden sucht. In ihrem Roman \"Feuchtgebiete\" geht es hart zur Sache. Wolfgang Frömberg traf die Autorin in ihrer Kölner Lieblingsbar Elektra.
Charlotte Roche ist \"Untenrum-Arbeiterin\". Wer das noch nicht wusste, kennt womöglich nur ihre andere Hälfte aus dem Musikfernsehen, wo sie ihre Karriere als Role-Model des starken Mädchens - stets mit Rock über Hose und losem Mundwerk - begann. Oder aus anderen Formaten, mit denen sie ihre TV-Karriere nach dem Ende der Sendung \"Fast Forward\" bzw. des kompletten Kanals Viva2 fortsetzte, bis sie sich mal wieder selbstbewusst mit den Programmverantwortlichen überwarf.
Vielleicht habt ihr auch nur die im Netz kursierende Aufzeichnung jener Session gesehen, während der sie mit Roger Willemsen, Mieze und anderen Prominenten \"Wahrheit oder Pflicht\" spielt; laut Charlotte Roche \"das sexuellste Spiel überhaupt\". Oder ihr habt sie schon ansatzweise als Wissenschaftlerin erlebt - durch ihre Lesungen über \"Penisverletzungen\" und anschließende Diskussionen. Wusstet ihr, dass Charlotte Roche ein gewisser Mut zur Hässlichkeit attestiert wurde, als sie es bei der Vorstellung eines von ihr erfundenen Dammmassage-Apparats in der \"Harald Schmidt Show\" wagte, einen falschen Schneidezahn aus dem Mund zu nehmen? So, als mache die Lücke sie weniger schön, aber dafür umso bezaubernder. Und wüsstet ihr das alles zusammen, wärt ihr dann nicht der Meinung, sie sei eine ganz und gar entwaffnende Persönlichkeit?
Wenn die \"Untenrum-Arbeiterin\" Charlotte Roche bezüglich ihrer Steckenpferdchen jenseits der Gürtellinien sowie unterhalb ranziger Heftpflaster berichtet - frei von der Leber weg, wie sich das einem Abgesandten der schreibenden Zunft gegenüber ziemt -, spricht sie von dem Bretterverschlag, den andere um sich und ihre Wunden und Neigungen, Fantasien und Obsessionen bauen (etwa so, wie reiche Leute ihre Domizile ummanteln, damit ihnen kein Habenichts auf die Pelle rücken kann). Sie selbst ist eine Neugierige, die über Zäune springt oder Löcher hinein bohrt, um denen, die dahinter in Deckung gehen, an die Wäsche langen zu können. Aber gut, das hatten wir eh schon geahnt mit all unserem Wissen über Charlotte Roche. (Was wir eher nicht wissen: Wie spricht man ihren Namen richtig aus?)
Nach der Lektüre ihres Debütromans \"Feuchtgebiete\" stellt sich aber die Frage, ob auch die Autorin die Charlotte Roche ist, dir wir zu kennen glaubten. Beziehungsweise, wie nahe jene Charlotte Roche und Helen Memel sich eigentlich stehen. Helen ist nämlich die Protagonistin der \"Feuchtgebiete\" und legt mit einem intimen Geständnis los, das unsere sensible Seite beim Lesen gleich vor den Kopf stoßen könnte: \"Solange ich denken kann, habe ich Hämorrhoiden.\" Gelogen. Eigentlich ist das gar nicht das Erste, was sie sagt.
Helens Geschichte beginnt mit einer anderen Offenbarung. So naiv wie wahrhaftig. Sie wolle ihre Eltern wieder in ein gemeinsames Bett stecken, wenn sie pflegebedürftig seien und sich nicht dagegen wehren könnten, schickt das Scheidungskind der Erzählung voraus. Die spielt dann bis zum Schluss im Krankenhaus. Wahrhaftig ist die Präambel deshalb, weil wir Helen als Tabubrecherin kennenlernen, die von A wie Arschloch bis M wie Muschi keine Gefahrenzone auslässt, in der es für sie selbst und ihre Autorin - aber auch das lesende Publikum - unangenehm bzw. peinlich werden kann.