Es is zum Scheissn!
Der Film "Es is zum Scheissn" kann und darf in der jetzigen Form nicht mehr öffentlich gezeigt werden - auf Wunsch von Mickey Kodak. Wobei, "Wunsch" ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck... aber der Reihe nach.
Ich stand seit Sommer 2013 in Kontakt mit dem werten Herrn Kodak. Wir haben ein Interview in seiner Wohnung und in seinem Garten gefilmt (und später auch noch per Messenger geführt), wir waren in sporadischem Kontakt, wir hatten das eine oder andere hitzige oder auch konstruktive Gespräch. Im Zeitraum von März 2014 bis zum heutigen Datum hat er mehrere Male seine Meinung geändert, zuletzt im Stundentakt.
Es ist kein Geheimnis, dass Kodak einer der ersten Punks in Wien war. Es ist auch kein Geheimnis, dass er der vermutlich fleissigste fotografische Chronist der entstehenden Wiener Punk-Szene war. Aber er war halt auch nicht der einzige. Um das soll es hier allerdings nicht gehen.
Mickey Kodak hat noch 5 Tage vor der Filmpremiere voller Enthusiasmus den Link zum FM4-Interview geteilt, in dem ich ihm Respekt gezollt habe. Am Premierentag selbst hat er den halben Tag mit Anwalt gedroht, weil sein - zugegebenermassen legendäres und scheissleiwandes - "Wien, du tote Stadt"-Foto auf dieser Facebook-Seite zu sehen war. Es wurde auf seine Aufforderung entfernt. Sein Foto, seine Regeln. Ein Foto wohlgemerkt allerdings, dass über ein Jahr online war. Mit Namensnennung, mit Markierung, mit vollen Credits. Gestern hat er dann folgendes - öffentlich! - dazu geschrieben: "Das das Bild ein Jahr on line war wusste ich nicht genauso wenig wie das ich MARKIERT war
Ich schwöre ich war das ganze Jahr NIE auf der Seite aber am Tag der Premiere dachte ich schaust mal drauf - ich lese wenig und bin so gut wie NIE auf anderen FB Seiten:
Mich haben generell andere FB Seiten von keinem Menschen interessiert kompromisslos...nix
Oft lese ich nicht mal was zu meinen Beiträgen dazu getippt wird.."
Naja. Sei es wie es sei. Stimmt natürlich nicht so ganz, aber auch egal. Das war vorgestern. Wir hatten danach wieder eine gute und konstruktive Gesprächsbasis gefunden... bis es ihm erneut den Vogel rausg'haut hat. Heute hatte ich auch ein sehr langes und sehr amikales Telefonat mit Martin Panza. Mit ihm sind alle Sachen geklärt und wir haben uns im Guten voneinander verabschiedet.
Aber Drohungen mit Anwälten und Klagen und, und, und? Da hört sich einfach der Schas... ähm, Spass auf. Sowas ist nicht Punk, sowas ist spiessig, kleinbürgerlich und bemitleidenswert. In welchen Zeiten leben wir eigentlich, dass jeder verzwickte Schas und jeder eingewachsene Zehennagel gerichtlich geregelt werden muss?! Es gab von mir durchaus das Angebot sich an einem Tisch zusammenzusetzen und auch das Angebot einer finanziellen und/oder vertraglichen Regelung.
Und wir reden nicht nur von Klagen... wir reden hier von einem Mickey Kodak, der im August noch (wieder nachweislich, wieder belegbar) davon geschrieben hat, vorbeizukommen und meine Wohnung anzuzünden. Und damit ist eine Grenze überschritten, die durch nichts zu entschuldigen ist. Mir war und ist durchaus klar, dass Hunde, die so grosskotzig bellen in den seltensten Fällen auch die Eier haben zuzubeissen... aber es ist und bleibt eine gefährliche Drohung.
Wir reden hier übrigens von einem Mickey Kodak, der selber so unglaublich viel Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer hat, dass seine Seite der "Vorheilen ist besser als Beugen" Split-LP mit Extrem aus einer Instrumentalnummer von Schund und zwei obskuren Jamaica Reggae Single B-Seiten bestand... alles selbstverständlich als Eigenkompositionen ausgegeben. Wir reden von einem Mickey Kodak, der schon mal das eine oder andere Mal wegen seiner grauslichen Homophobie getortet wurde; von einem Mickey Kodak, der gern mal Chemtrails-Bildchen von dubiosen Websites teilt und nicht zuletzt von einem Mickey Kodak, der mich in privaten Nachrichten auf "die Juden" angesprochen hat, die das Metro Kino leiten und die "uns Österreicher hassen". Man darf sich hier gern sein eigenes Bild machen.
"Es is zum Scheissn" war von Anfang an ein selbstausbeuterisches Projekt von einem Budget von exakt NULL Euro. Mir wurden unzählige Fotos, Plakate, Flyer und Gschichtln unengeltlich zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle nochmal ein riesengrosses DANKE... you know who you are! Wenn jetzt ein Herr Kodak 700 Euro PRO FOTO verlangt, dann ist das lächerlich und einfach unrealistisch... jener Herr Kodak übrigens, der sich (auch wieder öffentlich) drüber mokiert hat, dass er - seiner durchaus respektierten Meinung nach - nicht oft genug namentlich im Film genannt wird. Respekt wem Respekt gebührt, aber Respekt kann man halt nicht einfordern. Und wer nicht kapiert, dass mit so einem Projekt halt nicht die fette Kohle zu machen ist, dem kann ich auch nicht helfen.
Und ich scheiss jetzt drauf. Ich hau den Hut drauf. Ich will nicht mehr und ich kann nicht mehr. Die ganze Scheisse belastet mich psychisch und mittlerweile auch körperlich und das ist mir ein oider Schneebrunzer einfach nicht wert. (Anmerkung: es handelt sich hierbei um eine milieubedingte Unmutsäusserung, die nicht klagbar ist.)
Ich hab halt echt vergessen, dass wir in Österreich leben... wo persönliche Befindlichkeiten einfach das Maß aller Dinge sind und gefühlte Wahrheit über tatsächlichen Fakten steht. Lustig ist halt auch, dass das einzig negative Feedback zum Film aus einer Kritik am Sound bestand und aus der doch sehr schiefen Frauenquote - und beides sind durchaus berechtigte Einwände! JedeR - und zwar wirklich ausnahmslos jedeR - der im Film interviewten und auch anwesenden ProtagonistInnen war schwer angetan vom Film; und zusätzlich auch jene, die den Film ausserhalb des Kinos sehen durften. Anstatt das man sich freut, dass ENDLICH mal das ganze Klumpert in einer vernünftigen Form an die Öffentlichkeit gelangt, wird mit Anwälten gedroht. Das ist nicht mein Verständnis von Punk. Aber was weiss ich schon, ich beweg mich ja auch erst durchgehend seit mittlerweile fast 30 Jahren in diesen Kreisen. Ich hab eh nur seit damals Fanzines und Platten gemacht, Konzerte veranstaltet, fast 20 Jahre einen Plattenladen betrieben, und und und... aber an dieser Stelle muss ich auch den Herrn Kodak in Schutz nehmen: das kann man einfach nicht wissen, wenn man sich spätestens Mitte der 80er aus allem ausgeklinkt hat und die Zeit an einem vorbeigezogen ist.
Der Wunsch des feinen Herren war, dass sämtliches Material von ihm - auch das Interview wohlgemerkt, das er freiwillig und ohne vorgehaltene Waffe gegeben hat - aus dem Film entfernt wird. Dem komme ich mit Handkuss nach. Die Geschichte von Punk in Wien ist nicht auf eine Person zu beschränken und die Geschichte von Punk in Wien kann auch sehr gut ohne Beteiligung einer beleidigten Leberwurst erzählt werden.
Wäre es dem Herrn Kodak soooo eine unglaubliche Herzensangelegenheit gewesen, die Geschichte vom Punk in filmischer Form zu erzählen, dann hätte er 35 bis 40 Jahre Zeit dafür gehabt. Das Material war und ist ja schliesslich da. Warum es bisher nicht passiert ist, darüber möchte ich keine Vermutungen anstellen. Der Herr Kodak hat aber ja jetzt auch seinen eigenen Film zum Thema angekündigt. Ich werde ihn mir gern anschauen und freue mich ganz unzynisch drauf. Wien kann das durchaus vertragen.
An dieser Stelle fällt mir noch eine Passage aus dem kommenden Buch ein. Die war und ist zwar nicht auf den werten Herrn bezogen, sie ist aber durchaus nicht unpassend in diesem Zusammenhang:
"Die Geschichte von Punk in Wien istdamit noch lange nicht zu Ende. Es wäre ein Riesenfehler (der vorallem unter sturen alten Männer an der Grenze zur Senilitätgrassiert) anzunehmen, dass Punk von einem Moment auf den anderenaufhört, nur weil man selber nicht mehr partizipiert. DieGegenbeweise sind da draussen, und zwar äusserst lautstark. Das kannman mögen oder auch nicht, aber es ändert nichts an der Tatsache,dass jüngere Generationen nach wie vor Punk für sich entdecken unddefinieren und aktiv werden. Punk 2019 mag anders sein als Punk 1977,keine Frage, aber wer eine Deutungshoheit für sich beansprucht, sollbitte ein bissl in Oasch gehen. Punk ist aus einem Gefühl derUnzufriedenheit mit dem status quo entstanden, und wenn jetzt vier16-jährige eine Punkband in einer Garage in Schasklappersdorfgründen und uns alte Trotteln scheissen schicken, dann ist das ebenauch Punk, verdammt nochmal – oder vielleicht sogar mehr Punk alsein paar Senioren, die sich gegenseitig die Eier schaukeln und vonder guaden oiden Zeit erzählen wie Opa vom Krieg. Aber die könnenund sollen ihre Geschichte selber erzählen."
Und ja, ich muss mir an vielem selber die Schuld geben. Es war einfach unglaublich naiv und fetzendeppert von mir zu denken, dass man sich auf eine einmal getätigte Aussage verlassen kann. Früher nannte man sowas Ehrenwort. Aber es ist halt auch bezeichnend, dass sich ausnahmslos NIEMAND ausser Kodak so aufführt. Und so sehr ich es auch verstehe und gutheiße, der eigenen Vergangenheit gegenüber sehr vorsichtig und schützend aufzutreten, so sehr nervt es eben auch, dass gemachte Zusagen mittlerweile fast stündlich wieder relativiert oder zurückgezogen werden. Es wäre halt auch eine Möglichkeit gewesen, sowas wie Anstand und menschliche Grösse zu zeigen, sich für jemanden und mit jemandem anderen zu freuen und einen echt scheissleiwanden Film zu geniessen. Aber Egos sind halt Egos.
Und nochmal ja, der Kodak ist auf dieser Seite gesperrt und kann hier nicht mehr kommentieren. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mit Gegenwind nicht umgehen kann - im Gegenteil, ich finde Konflikt und Reibung wichtig und wesentlich; im allgemeinen wie auch im speziellen - aber wenn ich jemandem nicht einmal so weit vertrauen kann, dass da nicht im Öl oder aus einer Laune heraus oder einem psychotischen Schub heraus wieder Halb- und Unwahrheiten verbreitet werden, dann muss man ihm halt das Spielzeug wegnehmen. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal dieses distinguierten Privatiers, das haben auch schon andere erlebt.
Aber man darf sich das ruhig auf der Zunge zergehen lassen:
Punk im Jahr 2019 bedeutet also Anwalt, Gericht und Klagen. Punk heisst jetzt deppert ang'rührt sein. Punk heisst ich, ich, ich. Punk heisst jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen. Das ist echt nicht meine Welt und das ist echt nicht mein Punk.
Ob und wie dieser Film noch einmal gezeigt werden, das kann ich jetzt noch nicht abschätzen. Die Zusatzvorstellung im Metro Kino am 27.11. wird schweren Herzens leider nicht stattfinden können - schlicht und ergreifend aus dem Grund, weil es bis dahin nicht möglich ist, die ganze Sache umzuschneiden. Ich bin darüber sehr traurig, frustriert und zornig, aber ich habe auch einfach keine Lust, mich durch Sonne und Mond klagen zu lassen, nur weil jemand beleidigt ist oder die fette Kohle wittert, die er einfach nicht nötig hat weil er sowieso mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde.
Man darf sich also bei einem Mickey Kodak bedanken. Für nichts.
In diesem Sinne:
Leckt mich in Oasch in Zeiten wie diesen!