Verfasst: 21 Feb 2011, 17:50
smilie_op_002Helge-Uwe hat geschrieben:
+ Paul Masvidal (Cynic)
Das Diskussionsboard von metalfanatics.at
https://forum.metalfanatics.at/
smilie_op_002Helge-Uwe hat geschrieben:
+ Paul Masvidal (Cynic)
du untertreibst fast noch.Helge-Uwe hat geschrieben:ein unpockboa schirches cover hält der meister der fidelen fisting-musik für uns bereit - leider, so geil das album auch zu werden scheint:
ich find die scheibe mittlerweile spitze, mit Pandemic und vor allem Poltergeist leben auch endlich die alten Strapping wieder auf, hell yeah!Kaffee. Martini mit Olive. Maschine auf dem Ozean. Regnende Planeten. Schmetterling. Tag der Erde. Muppets. Bipolarität. Evil Dead. Alien. Positiv. Negativ. Yin und Yang. "Just Entertainment, Folks".
Brainstorming für einen großen Wahnsinnigen. Lief die mit "Ki" und "Addicted" eingeleitete Tetralogie von DEVIN TOWNSEND bislang unter der Bezeichnung "Projekt", so erreicht es mit "Deconstruction" den Status einer "Projektion". Projiziert wird das gesamte zurückliegende Schaffen des extravaganten Künstlers, der sich so gerne in Bombast und gnadenloser Übersteuerung suhlt.
Townsend hat wie kaum ein anderer Musiker seiner Generation den Kontrast zwischen Schwarz und Weiß kultiviert. Er ist es, der dem Metal die Multidimensionalität wiederbeschafft hat, ihm in all seiner Härte beigebracht hat, wieder zu fühlen. Und vor allem zu lachen.
Das erfordert natürlich einen enormen emotionalen Aufwand, den es rückwirkend auch aufzuarbeiten gilt. Nichts Geringeres als die Konfrontation des Schöpfers mit seiner gesamten Vergangenheit hat "Deconstruction" im Sinn. Und was könnte angesichts der Gefühlsbandbreite und des Unterhaltungsfaktors eine exaktere Metapher für dieses Anliegen bieten als die Achterbahn?
Der dritte Streich des DEVIN TOWNSEND PROJECT ist sein definitiver Höhepunkt, ein Höllenritt von einer Achterbahnfahrt, der so extrem mit Hochs und Tiefs durch den Townsend'schen Backkatalog scheucht, dass die Schmetterlinge mit Hochdruck gegen die innere Bauchdecke trommeln. Assoziativ begegnen uns Fragmente alter Platten wie Geisterbahn-Pappkameraden, die hinter der nächsten Kurve hervorschnellen; ein Ziltoid beispielsweise, der immer noch auf seinen Kaffee wartet. Was auf "Addicted" mit dem von Anneke van Giersbergen interpretierten "Hyperdrive!", einer Neuauflage des auf "Ziltoid The Omniscient" erschienenen "Hyperdrive", seinen Anfang nahm, führt "Deconstruction" auf ein dermaßen schnelles wie knallbuntes Level, dass von den offensichtlichen Reminiszenzen bloß noch leuchtende Fratzen als Projektionen auf dem inneren Augenlid zurückbleiben.
Und Kurven, davon hat dieses Spektakulum eine Menge. Während sich das Schaffen Townsends Schicht um Schicht entblättert, während er sich – vermutlich eher intuitiv als bewusst - selbst seziert, da evoziert die nebenher ablaufende Kumulation von Sinnesexplosionen ein Winkelgemäuer aus Leise und Laut. Erster Höhepunkt desselben ist sicherlich "Planet Of The Apes". Hier zeigt Townsend Tim Burton, wie man eine Welt wirklich erobert. Innerhalb von 11 Minuten hat man einen ganzen Kontinent überflogen, derweil typische Burton-Märchenlandelemente tatsächlich übernommen werden. Cinemascope-Chöre, Wall-Of-Wahnsinn, psychotische Soli, harte Grooves – es gibt nichts, was man in diesem Stück nicht finden würde. Die zweite Großtat ist definitiv "The Mighty Masturbator", ein 16-Minuten-Monolith, der als einzige Komposition etwas Geplantes und Inszeniertes anstatt von purem Chaos in sich trägt. Er ist eine mit Bedacht aufgebaute Musical-Komödie, der Moment, in dem die Fahrkabine kurz zum Stillstand kommt und die Aufmerksamkeit der Gäste kurz von der Strecke weg- und auf das Theaterstück gelenkt wird. Applaus und Jahrmarktstechno inbegriffen.
Selbst ein vergleichsweise "normales" Stück wie "Sumeria", das "Planet Of The Apes" und "The Mighty Masturbator" miteinander verbindet, schafft es noch, sich um 180 Grad zu drehen – von der gnadenlosen Riffattacke transformiert es in ein Harmonium, das stark an "Æon Spoke" erinnert – kein Wunder, wo doch Paul Masvidal hier einen Gesangspart einnimmt. Und überhaupt, all das Hochkarat an Gästen. Michael Åkerfeldt (OPETH), Tommy Giles Rogers (BETWEEN THE BURIED AND ME), Fredrik Thordendal (MESHUGGAH), Greg Puciato (THE DILLINGER ESCAPE PLAN) et cetera… weitere Pappkameraden, nicht erfundene diesmal, die Einflüsse, Inspiration und gegenseitige Befruchtung darstellen.
Schließlich natürlich "Deconstruction", ein mit einem fäkalen Soundeffekt beginnender Anknüpfpunkt an die narrative Anlage des Puppentricks "Ziltoid The Omniscient". "Whoaaaa", stößt nicht nur Townsend voller Überraschung aus, sondern auch Thordendals flinke Leadgitarre, die schließlich typisch MESHUGGAH wird. Es erfordert eine Menge Chuzpe, dem Cheeseburger, der hier praktisch zur Kröne menschlicher Schöpfung gemacht wird, ein solches Podest zu bauen. Die Ironie, dass sich der Cheeseburger ausgerechnet einem Vegetarier offenbart ("Good Lord, It's A Cheeseburger!"), fasst im besten Sinne zusammen, was das Townsend-Universum ausmacht: Rhythmische Ergänzung einander entgegen gesetzter Bestandteile.
FAZIT: "Ki" ist mit der Zeit gewachsen, "Addicted" hat sich nach mehrmaligem Konsum ein wenig abgenutzt – beides ist eher im unauffälligen Rahmen geschehen. Mit der Halbherzigkeit ist es in diesem Juni definitiv vorbei. "Deconstruction" klingt so, wie man sich die Innenausrichtung einer Springteufelbox vorstellen würde. Es beginnt verhalten, packt dich dann aber in dem Moment, in dem du es am wenigsten erwartest und zieht dich mit Affenzahn hinunter in den Karneval der Hölle. Das Chaos, mit dem sich das facettenreiche Gesamtwerk des Devin Townsend entblättert, wird so manchen Hörer an seine Grenzen führen. Als habe jemand alle bisherigen Townsend-Alben in einen Mixer geworfen und feste auf den roten Knopf gedrückt: Am Ende steht eine schaurig-schöne, bizarre und ultraschnelle Geisterbahnfahrt, die amüsiert, schockiert und Erwartungen hintergeht. Eine der besten Veröffentlichungen des Jahres.
Das Orchester wird eindrucksvoll eingewoben und Townsend zeigt, wie man Metal und Symphonik richtig gut miteinander verbindet. An dieser Stelle schöne Grüße an Dimmu Borgir. Die gehen bei „Juular“ an Therion, die einen solchen Song in diesem Leben nicht mehr hinbekommen werden. Polkka-Rhythmus, ein aberwitziger Chor, die pure Kakophonie, die leider nur knappe vier Minuten lang ist. Ein absolut gelungenes erstes Drittel von „Deconstruction“ liegt hinter mir.
...
Zum Ende hin dann etwas ruhigeres? Arsch lecken. „Pandemic“ ist symphonische Raserei mit konstant durchgetretenem Gaspedal. Terror. Nightwish auf Speed und Koks. Danach erstmal einen Cheeseburger. Einen was? Ja, einen Cheeseburger, den Hauptprotagonisten des Titeltracks, der mit einem schönen, feuchten Furz eröffnet wird. Zehn Minuten lang Unsinn im progressiven Metal-Gewand. Man ist inzwischen natürlich schon längst an dem Punkt angekommen, an dem das Gehirn viel zu viele Informationen bekommen hat, um sie alle verarbeiten und einordnen zu können. Und trotzdem macht es immer noch Spaß, dem Album zu lauschen, weil es einfach so abgedreht, so verrückt, so völlig surreal ist.
au weh, da wird sich der helge-uwe als townsend-oberfanboy aber in den arsch beissen, dass er dir keine tipps geben kann. der ist nämlich mindestens für 2 wochen auf urlaub.reanimapeda hat geschrieben: die frage aller fragen: backkatalog nachkaufen: was sind die must haves? was kann man (vorerst?) auslassen? wo soll ich anfangen?
noch sicherheitshalber: "Ghost"-ähnliches (falls es das gibt) brauch ich eher ned so, deconstruction is grossartig.reanimapeda hat geschrieben:So, das grosse Geständnis - ich hab mich bis vor kurzem nie mit dem Devi anfreunden können...habs hin und wieder mal versucht, offensichtlich jedesmal "genau den falschen" song erwischt...und letzte woche dann aber im vorbeigehen so ein doppelpack, deconstruction + ghost, mitgneommen..bin eigentlich begeistert.
die frage aller fragen: backkatalog nachkaufen: was sind die must haves? was kann man (vorerst?) auslassen? wo soll ich anfangen?