Südtirol trauert um Sepp Innerhofer (91)
Verfasst: 16 Mai 2019, 14:32
Ruhe in Frieden!Unser Tirol.com hat geschrieben:In der Nacht zum Donnerstag ist in Schenna Sepp Innerhofer(✟) verstorben. Der 91-Jährige war Gründungsmitglied des Befreiungsausschuss Südtirol (BAS).
Innerhofer hielt bis kurz vor seinem Tod regelmäßig Vorträge über die geschichtlichen und politischen Hintergründe rund um die Italienisierung Südtirols.
Sepp Innerhofer, Redner anlässlich der Andreas Hofer Feier in Tramin im Jahre 2018
Auch die Geschehnisse rund um die Feuernacht thematisierte der Schennaner Obstbauer.
„Man wollte uns ganz einfach in Italiener verwandeln" (Sepp Innerhofer(✟) )
„Es war damals ein alltäglicher Kampf, den jeder Einzelne sowie die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerungsgruppe bestehen musste. Das Leben war ein ständiges Sich-Behaupten gegen faschistische Übergriffe. Die fremden und unerwünschten Machthaber versuchten, unsere Heimat zu italianisieren und uns Südtiroler zu zwingen, etwas anderes zu sein, als wir waren. Man wollte uns ganz einfach in Italiener verwandeln. So begann man mit der Abschaffung der geschichtlich gewachsenen Ortsbezeichnungen, der Name „Tirol” wurde verboten. Es folgte die Abschaffung der deutschen Schulen, die Tiroler Lehrer wurden zwangspensioniert oder in die welschen Provinzen versetzt und bei Weigerung drohte ihnen das Berufsverbot. Deutsche Taufnamen und vieles andere mehr wurden nicht mehr zugelassen. Ich habe von 1934 bis 1940 nur die italienische Volksschule besucht und meine Generation konnte weder Deutsch lesen noch schreiben. Aus diesem Zwang heraus entstanden dann die sogenannten „Katakombenschulen”, ein Geheimschulnetz, in denen uns Kindern das Lesen und Schreiben der deutschen Sprache gelehrt wurde“, sagte Innerhofer dem Meraner Stadtanzeiger in einem Interview.
Sepp Innerhofer (ganz links) auf dem Weg zur Gerichtsverhandlung in Mailand
SHB: „Abschied von einem Freiheitskämpfer der ersten Stunde“
„Es erreicht uns eine traurige Nachricht: Im Alter von 91 Jahren ist Sepp Innerhofer, Gojenbauer in Schenna und Träger des Tiroler Verdienstkreuzes, von uns gegangen. Er war das letzte noch lebende Gründungsmitglied des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS)“ schreibt der Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), Roland Lang, in einem Nachruf auf Sepp Innerhofer.
„In der Nacht auf den 30. Jänner 1960 sprengte er zusammen mit Kurt Welser, Heinrich Klier, und Martl Koch ein besonders verhasstes Symbol faschistischer Herrschaft, das damals immer noch bestehende Reiterstandbild des „Duce“ vor dem Kraftwerk in Waidbruck“, so der Obmann des SHB weiter.
Nach den Anschlägen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 auf Strommasten wurde Sepp Innerhofer verhaftet und in der Carabinierikaserne in Eppan schwer gefoltert.
In einem aus dem Gefängnis herausgeschmuggelten Brief an Landeshauptmann Dr. Magnago schilderte Innerhofer am 22. September 1961 die erlittenen Misshandlungen: Stehen vor einer Glühlampe direkt vor dem Gesicht – Faustschläge und Schläge mit Gewehrriemen und Gewehrkolben ins Gesicht und auf den nackten Körper – ein Zahn ausgeschlagen – ohne Essen und Trinken 24 Stunden im Keller – neuerliche Misshandlungen an den Geschlechtsteilen – Bewusstlosigkeit – zuletzt Unterschrift unter ein vorgelegtes „Geständnisprotokoll“, ohne dieses gelesen zu haben.
Magnago reagierte nicht auf diesen Brief.
Sepp Innerhofer saß 3 Jahre im Gefängnis und hatte nach seiner Entlassung 35 Jahre lang keine Bürgerrechte. Er durfte keinen Besitz haben, keine öffentlichen Ämter bekleiden und musste sich regelmäßig bei den Carabinieri melden.
Erst im Jahre 2000 durfte er wieder sein Wahlrecht ausüben.
Innerhofer trat stets öffentlich für das Recht auf Selbstbestimmung ein und hielt noch im hohen Alter zahlreiche Vorträge an Schulen und auf Abendveranstaltungen. Damit erfüllte er im Dienste der Wahrheit eine Aufgabe, welche von der Landespolitik nicht wahrgenommen wurde.
Innerhofer berichtete den Schülern über den Faschismus, die Katakombenschule, die aufgezwungene Option von 1939, den Pariser Vertrag, die Gründung des BAS, die Anschläge der Feuernacht, die Verhaftungswelle, die schrecklichen Folterungen und die Gerichtsverhandlungen in Mailand.
Am 20. April 2018 hatte die Tageszeitung Dolomiten ein ausführliches Interview mit dem Freiheitskämpfer gebracht und diesen damit gewürdigt.
Wir nehmen voll Bewegung Abschied von einem mutigen und aufrichtigen Tiroler und trauern mit den Angehörigen, so der SHB-Obmann Roland Lang.