Verfasst: 13 Okt 2008, 16:39
Reich-Ranicki lehnt TV-Preis ab: \"Widerwärtig\"
\"Es ist unglaublich, dass so etwas gesendet wird\" - Moderator Gottschalk zeigt Verständnis - Diskussion über \"Qualität im Fernsehen\" zwischen Reich-Ranicki und Gottschalk am Freitag im ZDF - Mit Video
rankfurt/Main - Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki verweigert nach eigenen Worten endgültig die Annahme des Ehrenpreises des Deutschen Fernsehpreises von ARD, ZDF, RTL und Sat.1. Der 88-Jährige hatte den gläsernen Obelisken bei der Verleihung am Samstagabend in Köln nicht in die Hand genommen. Am Sonntag sagte er der Nachrichtenagentur AP auf Anfrage, die Produzentin Katharina Trebitsch habe den Preis in Verwahrung genommen. Er wolle ihn definitiv nicht haben.
Konnte es nicht ertragen
Er habe zunächst nicht die Absicht gehabt, die Auszeichnung abzulehnen, erklärte Reich-Ranicki. Dass er den Ehrenpreis der Stifter erhalten würde, war bereits am 7. Oktober bekanntgegeben worden. Der Verlauf des Preisverleihung sei für ihn aber so \"widerwärtig\" gewesen, \"dass ich es nicht ertragen konnte\", sagte der 88-Jährige. \"Es ist unglaublich, dass so etwas gesendet wird.\" Reich-Ranicki schränkte allerdings ein, es sei \"nicht alles schrecklich\" gewesen, insgesamt aber so unerträglich, dass er die Entgegennahme des Preises spontan abgelehnt habe. Auf die Frage, ob er damit ein Zeichen setzen wolle, sagte er, die Bekundung persönlichen Unmuts sei immer auch ein Zeichen.
Bei der Verleihung hatte Reich-Ranicki die gezeigten Ausschnitte aus Fernsehsendungen als \"Blödsinn\" kritisiert. Der irritierte Moderator Thomas Gottschalk versuchte ihn zu besänftigen, indem er eine ZDF-Sendung zur Kritik Reich-Ranickis anbot. Das ZDF erklärte am Sonntag: \"Ein Sendungskonzept soll bei einer Zusage des Kritikers bald erarbeitet werden.\" Er werde sich an einem Klärungsgespräch beteiligen, sagte Reich-Ranicki der AP.
Gottschalk zeigt Verständnis
Nach der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises durch Marcel Reich-Ranicki hat Moderator Thomas Gottschalk Verständnis für die Haltung des Literaturkritikers gezeigt. Er sei zwar von der Reaktion des 88-Jährigen überrascht worden, doch stecke in dessen Ablehnung eine gewisse Logik: \"Wenn er eine halbe Stunde lang eine wild gewordene Horde Teenager sieht, Atze Schröder in einer weißen Paradeuniform, Richterin Salesch und zwei Köche mit idiotischen Texten erleben muss, ist es für ihn in der Tat konsequent zu entscheiden: Ich habe hier nichts verloren\", sagte Gottschalk der \"Süddeutschen Zeitung\" (Montagausgabe).
Gottschalk hatte am Samstagabend durch die Show zum Deutschen Fernsehpreis geführt. \"Als mir klar wurde, dass es keine Preisverleihung, sondern eine Preisablehnung werden würde, schlug ich ihm vor, sich als Fernsehpreisträger umgehend an dem System zu rächen, an dem er so verzweifelt\", sagte Gottschalk.
Nach seinen Worten will das ZDF noch in dieser Woche eine Sendung mit dem Literaturkritiker über die Qualität des Fernsehens anbieten. \"Wir wollen das Gespräch so schnell wie möglich aufzeichnen und noch in dieser Woche senden\", sagte Gottschalk der Zeitung. Reich-Ranicki habe bereits zugesagt.
Heidenreich pflichtet Reich-Ranicki in Kritik an Fernsehpreis bei
Mit seiner Kritik am deutschen Fernsehen und der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises hat Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki seiner Kollegin Elke Heidenreich aus der Seele gesprochen. Bei der Verleihung am Wochenende habe es sich um eine \"armselige, grottendumme Veranstaltung\" gehandelt, schrieb die Eröffnungsrednerin der diesjährigen Salzburger Festspiele in der \"Frankfurter Allgemeinen Zeitung\" vom Montag.
Dass sich Reich-Ranicki diese \"Zumutung\" nicht habe bieten lassen, sei kein Eklat, sondern \"der Lichtblick\" der Veranstaltung gewesen: Sie habe in die Luft springen mögen \"vor Freude über diesen mutigen, zornigen, beleidigten, klugen Mann und vor Zorn und vor Kummer über diese verhunzte Veranstaltung, diese grenzenlose Flachheit\", schrieb Heidenreich.
Diskussion zwischen Reich-Ranicki und Gottschalk am Freitag im ZDF
Nach dem Eklat beim Deutschen Fernsehpreis sendet das ZDF am Freitag eine Diskussion zwischen dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und Moderator Thomas Gottschalk über Qualität im Fernsehen. Das halbstündige Gespräch wird unter dem Titel \"Aus gegebenem Anlass\" von 22.30 bis 23.00 Uhr ausgestrahlt, wie das ZDF am Montag in Mainz mitteilte.
Damit werde das Versprechen eingelöst, das Gottschalk Reich-Ranicki bei der Preisverleihung gegeben habe, hieß es. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut zeigte sich erfreut über die Zusage von Marcel Reich-Ranicki und erklärte: \"Wir sind offen für Kritik und räumen ihr gerne Raum ein.\"
Der Literaturkritiker, der für sein Lebenswerk und für die erfolgreiche Sendung \"Das Literarische Quartett\" ausgezeichnet werden sollte, hatte die Ehrung auf der Bühne zurückgewiesen. Begründet hatte er seine Entscheidung mit seiner Kritik an der Qualität des Fernsehens. (APA/dpa)
http://derstandard.at/?url=/?id=1220460655274
Das ist für mich eindeutig die coolste Aktion dieses Jahres.
\"Es ist unglaublich, dass so etwas gesendet wird\" - Moderator Gottschalk zeigt Verständnis - Diskussion über \"Qualität im Fernsehen\" zwischen Reich-Ranicki und Gottschalk am Freitag im ZDF - Mit Video
rankfurt/Main - Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki verweigert nach eigenen Worten endgültig die Annahme des Ehrenpreises des Deutschen Fernsehpreises von ARD, ZDF, RTL und Sat.1. Der 88-Jährige hatte den gläsernen Obelisken bei der Verleihung am Samstagabend in Köln nicht in die Hand genommen. Am Sonntag sagte er der Nachrichtenagentur AP auf Anfrage, die Produzentin Katharina Trebitsch habe den Preis in Verwahrung genommen. Er wolle ihn definitiv nicht haben.
Konnte es nicht ertragen
Er habe zunächst nicht die Absicht gehabt, die Auszeichnung abzulehnen, erklärte Reich-Ranicki. Dass er den Ehrenpreis der Stifter erhalten würde, war bereits am 7. Oktober bekanntgegeben worden. Der Verlauf des Preisverleihung sei für ihn aber so \"widerwärtig\" gewesen, \"dass ich es nicht ertragen konnte\", sagte der 88-Jährige. \"Es ist unglaublich, dass so etwas gesendet wird.\" Reich-Ranicki schränkte allerdings ein, es sei \"nicht alles schrecklich\" gewesen, insgesamt aber so unerträglich, dass er die Entgegennahme des Preises spontan abgelehnt habe. Auf die Frage, ob er damit ein Zeichen setzen wolle, sagte er, die Bekundung persönlichen Unmuts sei immer auch ein Zeichen.
Bei der Verleihung hatte Reich-Ranicki die gezeigten Ausschnitte aus Fernsehsendungen als \"Blödsinn\" kritisiert. Der irritierte Moderator Thomas Gottschalk versuchte ihn zu besänftigen, indem er eine ZDF-Sendung zur Kritik Reich-Ranickis anbot. Das ZDF erklärte am Sonntag: \"Ein Sendungskonzept soll bei einer Zusage des Kritikers bald erarbeitet werden.\" Er werde sich an einem Klärungsgespräch beteiligen, sagte Reich-Ranicki der AP.
Gottschalk zeigt Verständnis
Nach der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises durch Marcel Reich-Ranicki hat Moderator Thomas Gottschalk Verständnis für die Haltung des Literaturkritikers gezeigt. Er sei zwar von der Reaktion des 88-Jährigen überrascht worden, doch stecke in dessen Ablehnung eine gewisse Logik: \"Wenn er eine halbe Stunde lang eine wild gewordene Horde Teenager sieht, Atze Schröder in einer weißen Paradeuniform, Richterin Salesch und zwei Köche mit idiotischen Texten erleben muss, ist es für ihn in der Tat konsequent zu entscheiden: Ich habe hier nichts verloren\", sagte Gottschalk der \"Süddeutschen Zeitung\" (Montagausgabe).
Gottschalk hatte am Samstagabend durch die Show zum Deutschen Fernsehpreis geführt. \"Als mir klar wurde, dass es keine Preisverleihung, sondern eine Preisablehnung werden würde, schlug ich ihm vor, sich als Fernsehpreisträger umgehend an dem System zu rächen, an dem er so verzweifelt\", sagte Gottschalk.
Nach seinen Worten will das ZDF noch in dieser Woche eine Sendung mit dem Literaturkritiker über die Qualität des Fernsehens anbieten. \"Wir wollen das Gespräch so schnell wie möglich aufzeichnen und noch in dieser Woche senden\", sagte Gottschalk der Zeitung. Reich-Ranicki habe bereits zugesagt.
Heidenreich pflichtet Reich-Ranicki in Kritik an Fernsehpreis bei
Mit seiner Kritik am deutschen Fernsehen und der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises hat Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki seiner Kollegin Elke Heidenreich aus der Seele gesprochen. Bei der Verleihung am Wochenende habe es sich um eine \"armselige, grottendumme Veranstaltung\" gehandelt, schrieb die Eröffnungsrednerin der diesjährigen Salzburger Festspiele in der \"Frankfurter Allgemeinen Zeitung\" vom Montag.
Dass sich Reich-Ranicki diese \"Zumutung\" nicht habe bieten lassen, sei kein Eklat, sondern \"der Lichtblick\" der Veranstaltung gewesen: Sie habe in die Luft springen mögen \"vor Freude über diesen mutigen, zornigen, beleidigten, klugen Mann und vor Zorn und vor Kummer über diese verhunzte Veranstaltung, diese grenzenlose Flachheit\", schrieb Heidenreich.
Diskussion zwischen Reich-Ranicki und Gottschalk am Freitag im ZDF
Nach dem Eklat beim Deutschen Fernsehpreis sendet das ZDF am Freitag eine Diskussion zwischen dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und Moderator Thomas Gottschalk über Qualität im Fernsehen. Das halbstündige Gespräch wird unter dem Titel \"Aus gegebenem Anlass\" von 22.30 bis 23.00 Uhr ausgestrahlt, wie das ZDF am Montag in Mainz mitteilte.
Damit werde das Versprechen eingelöst, das Gottschalk Reich-Ranicki bei der Preisverleihung gegeben habe, hieß es. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut zeigte sich erfreut über die Zusage von Marcel Reich-Ranicki und erklärte: \"Wir sind offen für Kritik und räumen ihr gerne Raum ein.\"
Der Literaturkritiker, der für sein Lebenswerk und für die erfolgreiche Sendung \"Das Literarische Quartett\" ausgezeichnet werden sollte, hatte die Ehrung auf der Bühne zurückgewiesen. Begründet hatte er seine Entscheidung mit seiner Kritik an der Qualität des Fernsehens. (APA/dpa)
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Das ist für mich eindeutig die coolste Aktion dieses Jahres.