"Habe die Spieler maximal motiviert"
Vor drei Wochen gab Otto Baric dem SturmEcho sein allerletztes Interview
Otto Baric, wie wird aus einem Abstiegskandidaten ein Titelanwärter?
Als ich im März 1980 zu Sturm kam, war das Team auf dem letzten Platz. Ich sah aber gleich, dass die Mannschaft besser war. Ich war schon mit Innsbruck zwei Mal österreichischer Meister gewesen und als Sturms Präsident Franz Gady anrief, arbeitete ich in Kroatien, auch an der Sporthochschule Zagreb. Das hat sich alles bei Sturm positiv bewährt. Ich habe die Spieler von Anfang an maximal motiviert. Wir gewannen gegen die Vienna, wo Krankl der große Star war. Sicher hatten wir auch Glück, dass wir nicht abstiegen. Ein Jahr später sagten alle, dass Sturm Meister wird.
Was fehlte schlussendlich zum Titel 1981?
Die Mannschaft erreichte sehr viel. Ich war überzeugt, dass wir es schaffen können. Wir spielten im letzten Match gegen Rapid nicht so schlecht, aber das Team war nicht reif genug. Psychologisch. Wir hätten unser Spiel machen müssen, doch Rapid war ruhiger. Wir verloren in der letzten Stunde den Titel. Das war schade, aber wir haben viel gelernt. Wir waren fast Meister und überzeugten im UEFA-Cup. Wir schieden gegen Göteborg aus, die gewannen dann den Bewerb. Viele Spieler aus dieser Sturm-Mannschaft kamen in den nächsten Jahren in das Nationalteam.
"Oft ging ich mit zwei, drei ausgewählten Spielern eine halbe Stunde spazieren und erklärte, wie wir spielen müssen. Das machte viel aus."
Otto Baric
Sie galten als Meister der Taktik.
Ja, wir spielten anders, moderner als andere, aber es war nicht nur die Taktik. Es waren auch die Gespräche mit den Spielern, man kann viel im Kopf erreichen. Oft ging ich mit zwei, drei ausgewählten Spielern eine halbe Stunde spazieren und erklärte, wie wir spielen müssen. Das machte viel aus. Ich war sehr stolz auf die Entwicklung. Ich habe in Graz gesehen, dass ich eine Mannschaft aufbauen kann.
"Maximal" unterhaltsam: Otto Baric hatte bei Interviews stets einiges zu sagen.
Waren Sie streng zu den Spielern?
Respekt muss sein, aber ein Spieler soll auch spüren, dass ich sein Freund bin. Ich war nie ein Tyrann. Ich habe mich in meiner Trainerlaufbahn zu allen Spielern immer korrekt verhalten, leider waren nicht immer alle korrekt zu mir. Das ist so im Fußball, heute ist es vergessen.
Was haben Sie aus Ihrer Zeit in Graz mitgenommen?
Sturm war eine gute Schule für mich und das ist anderen auch aufgefallen. Schon als wir knapp am Titel scheiterten, nahm Rapid-Präsident Heinz Holzbach zu mir Kontakt auf. Ich verschwieg das damals, weil ich noch bei Sturm und in Graz bleiben wollte. Wir waren auch ohne Titel top in Österreich, das bereitete mir große Freude. Aber ein Jahr später war Rapid die nächste Station. Mit Zvonko Breber und Božo Bakota hatte ich bei Sturm gute Spieler bekommen, sie waren auf einer Skala etwa auf Stufe acht. Rapid hatte mit Zlatko Kranjčar und Petar Bručić auch gute Legionäre, aber sie waren auf Stufe zehn. Rapid bot mir viel mehr Möglichkeiten.
Was haben Sie von Graz noch in Erinnerung?
Ich habe viele Freunde in Graz gefunden und kam 1988 gerne ein zweites Mal zu Sturm. Da schafften wir den ersten Platz im mittleren Play-off. Leider war dann für mich eine weitere Zusammenarbeit mit dem damaligen Präsidium nicht mehr möglich.
Wo leben Sie aktuell?
Ich habe 25 Jahre am Meer gewohnt. Vor zwei Jahren habe ich mein Haus auf der Insel Krk aber verkauft und bin in ein Haus am Stadtrand von Zagreb gezogen. Ich freue mich sehr auf den Frühling. Mein Sohn ist ein erfolgreicher Architekt und hat gute Chancen bei den Wahlen im April Bürgermeister zu werden.
Wie geht es Ihnen persönlich?
Ich fühle mich gesund. Aber Corona bereitet mir Sorgen. Ich habe das Virus zwar nicht, aber in der Stadt und auf der ganze Welt haben es viele Leute. Corona ist auch für den Fußball ganz blöd. Beim Länderspiel Kroatien gegen Portugal haben Kroatien acht Spieler gefehlt.
Dieses Interview führte Othmar Behr.
Otto Baric wurde am 19. Juni 1933 im kärntnerischen Eisenkappel geboren und wuchs mit seinen kroatischen Eltern in Zagreb auf. Nach einer unspektakulären aktiven Laufbahn als Fußballer begann Baric 1964 als Trainer. Glanzlichter setzte er vor allem in Österreich: Mit Wacker Innsbruck, Rapid Wien und Austria Salzburg wurde er insgesamt sieben Mal Meister und mit Rapid drei Mal Cupsieger. Zudem führte er die Grün-Weißen in das Finale des Europapokals der Pokalsieger (1985) und Austria Salzburg in das UEFA-Cup-Endspiel (1994). Mit Dinamo Zagreb schaffte er 1997 das Double in Kroatien. Baric betreute auch die Nationalmannschaften von Österreich, Kroatien und Albanien. Am 13. Dezember 2020 verstarb er an den Folgen einer COVID19-Erkrankung.