keine Haft für Folter

Quassel, Quatsch und Diskurs abseits der Musik
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Nukkumatti
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Beitrag von Nukkumatti »

unglaublich - aber jene 4 polizisten, die zugegeben haben, einen menschen gefoltert, schwer misshandelt und geschlagen zu haben, bekommen nur eine bedingte strafe von 8 monaten - das heißt, sie werden nicht mal vom dienst suspendiert!

es ist unfassbar!

unerträglich wie in österreich mit peinigern von menschen umgegangen wird!
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Aamon
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Beitrag von Aamon »

machst du das, landest (natürlich zurecht) jahrelang im Häfn
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Nukkumatti
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Beitrag von Nukkumatti »

uniform schützt vor strafe!

so scheint es zu sein. polizisten haben narrenfreiheit hier im land!
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Nukkumatti
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Beitrag von Nukkumatti »

Vor Kurzem hat sich Hans Rauscher mit einem Thema beschäftigt, das gewöhnlich abseits der medialen Öffentlichkeit in juristischen Fachblättern abgehandelt wird: den gesetzlichen Strafdrohungen für Kriminaldelikte. Das Strafrecht als Wertekatalog: je gravierender ein Delikt, um so höher der gesetzliche Strafrahmen, so lautet die Anforderung in der Theorie. Ob in der Praxis die Gewichtung grundsätzlich und im Verhältnis zueinander stimmt, ist eine Frage subjektiver Wertung.

Manches ist schlicht unvergleichbar

Vermögensdelikte versus Aggressionsdelikte, darüber lässt sich lange und verbissen streiten, vor allem deswegen, weil Wertungen sich objektiven Kriterien entziehen, mitunter auch, weil manches schlicht unvergleichbar ist. Was wiegt schwerer: der Aufmerksamkeitsfehler beim Übersehen einer Vorrangtafel, der den Tod des Unfallgegners und all das menschliche Leid zur Folge hat, das mit dem Verlust eines Ehemannes und Vaters verbunden ist (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) oder der gut geplante Einbruch in einen Pkw, bei dem ein Radio den Besitzer wechselt (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren)?

Verletzungsdelikte

Hans Rauscher hält Vermögensdelikte im Vergleich zu Aggressionsdelikten grundsätzlich für überbewertet. Dafür lässt sich zumindest ins Treffen führen, dass mit zunehmendem Wohlstand einer Gesellschaft Angriffe gegen das Vermögen als weniger gravierend empfunden werden als Verletzungen am Körper. Peter Westenthaler ist anderer Meinung. Schiebt man diese leicht in eine Art Glaubenskampf abgleitende Aufrechnung von Eigentum gegen körperliche Integrität beiseite und konzentriert sich auf Verletzungsdelikte, so müsste die Sache einfacher werden. Zumindest in diesem eingeschränkten Bereich könnte man vom Gesetzgeber tatsächlich einen nachvollziehbaren Wertekatalog, eine stimmige Gewichtung der verschiedenen Arten von Körperverletzungen erwarten. Tatsächlich zeigt sich aber Erstaunliches.

Flecken durch Behördenvertreter: Eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe

Zunächst unterscheidet das Gesetz nach dem Verletzungserfolg zwischen leichten Körperverletzungen (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) und schweren, das sind im Wesentlichen solche mit Knochenbrüchen oder Gesundheitsschädigungen von mehr als 24-tägiger Dauer (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren). Auch die Person des Verletzten kann eine Rolle spielen. Handelt es sich um einen Beamten \"während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben\", dann ist jede Verletzung rechtlich schwer. So geringfügig können Kratzer oder blaue Flecken eines Behördenvertreters gar nicht sein, dass dem Täter nicht eine dreijährige Freiheitsstrafe droht. Die Explosion des Strafrahmens gleich auf das Dreifache ist zumindest fragwürdig. Merkwürdige Folge: Ob der Beamte bloß einen blauen Fleck erleidet oder ihm Knochen gebrochen werden, ist für den Strafrahmen bedeutungslos. Ist das sachgerecht? Und wieso ist der Gesetzgeber im umgekehrten Fall nicht nur milder, sondern um so viel milder?

Wird nämlich ein Bürger von einem Beamten \"unter Ausnützung der Amtsstellung\" verletzt, dann drohen bloß eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Leichte Verletzung eines Beamten: drei Jahre Freiheitsstrafe, leichte Verletzung eines Bürgers durch einen Beamten: eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe.

Polizeibeamter steht unter einem erhöhten Risiko

Gewiss sind Polizeibeamte einem erhöhten Risiko ausgesetzt, das auch einen besonderen Schutz durch den Strafgesetzgeber rechtfertigt. Ob allerdings das Ausmaß passt, das Gleichstellen geringfügigster Verletzungen mit schweren, und ein doppelter Strafsatz im Verhältnis zu dem auch nicht mit einer gewöhnlichen Rauferei vergleichbaren Fall, dass sich die Obrigkeit an einem Bürger vergreift, darüber könnte man zumindest diskutieren.

Quälen

Noch Erstaunlicheres bietet der Wertekatalog Strafgesetzbuch, wenn es um Folter geht, ein Begriff, der im Gesetz ebenso wenig zu finden ist, wie etwa Korruption. Derartig gnadenlose Eindringlichkeit bei der Wortwahl meidet der Gesetzgeber, hier zieht er sich auf den bewährten Boden aus sperrigem Amtsdeutsch zurück. \"Quälen oder Vernachlässigen eines Gefangenen\" nennt er die Bestimmung, die der Definition der UN-Anti-Folter-Konvention am Nächsten kommt, dem vorsätzlichen Zufügen \"körperlicher oder seelischer Schmerzen oder Leiden\" durch einen \"Angehörigen des öffentlichen Dienstes\". Klingt grauslich und ist es auch. Denn eine schlimmere Form jemanden zu verletzen als durch Quälen, ist kaum vorstellbar. Bei Privatpersonen erhöht sich folgerichtig der Strafrahmen für bloß leichte Körperverletzungen \"unter Zufügung besonderer Qualen\" von einem auf drei Jahre Freiheitsstrafe.

Quälen oder Vernachlässigen eines Gefangenen

Beamte hingegen, die ihre sadistische Neigung an einem Gefangenen ausleben, sind besser dran. Hier zeigt der Gesetzgeber Verständnis, für das \"Quälen oder Vernachlässigen eines Gefangenen\" sieht er bloß milde zwei Jahren Freiheitsstrafe vor, womit gleichzeitig auch sämtliche leichte Verletzungen konsumiert sind. Privates Quälen samt leichten Verletzungen: drei Jahre Freiheitsstrafe, amtliches Quälen eines Gefangenen mit gleichen Folgen: zwei Jahre. Gleichheitsgrundsatz hin, Anti-Folter-Konvention her. Hier ist der Wertekatalog Strafgesetz eindeutig und lässt keinen Zweifel offen: Behördliches Foltern ist privilegiert. Erst wenn der Beamte dem Gefangenen beim Quälen die Knochen bricht oder ihn sonst schwer verletzt, erhöht sich der Strafrahmen. Sanft, auf bloß drei Jahre Freiheitsstrafe, also auf dasjenige Ausmaß, das ohnedies für jede schwere Verletzung vorgesehen ist, dem Bürger aber bereits droht, selbst wenn er einem Beamten nur einen winzigen Kratzer zufügt.

[b23f]Ob das Folter-Privileg mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz in Einklang steht, darf bezweifelt werden, mit den Wertvorstellungen der Bürger hat es wohl nichts zu tun. Milde Sonderbestimmungen für behördliches Quälen von Gefangenen finden sich selbst in Diktaturen kaum noch. In einem Rechtsstaat sollten sie keinen Platz haben. [/b23f](DER STANDARD Printausgabe 31.8.2006)


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Zur Person: Staatsanwalt Walter Geyer - Sprecher der Staatsanwaltschaft


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